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September 2019

Kein „Wilder Westen“. Freiheit und Verantwortung im Internet

Das Internet ist ein Versprechen von Freiheit. Doch Freiheit funktioniert nicht ohne Verantwortung. Das Internet war noch nie Wilder Westen – ein Raum, in dem keine Gesetze, keine Regulierung gegriffen hätten. Dieses Internet existierte und existiert auch heute nicht im luftleeren Raum, sondern funktioniert nur durch Server und Übertragungsmittel, die auf staatlichem Territorium stehen und damit örtlichen Gesetzen unterliegen. Natürlich müssen Gesetze für das digitale Zeitalter angepasst werden, manche auch neu geschaffen werden, wenn erkannt wird, dass neue Möglichkeiten zum Nachteil der Gesellschaft genutzt werden. Grundlage hierfür sollten immer die Werte und Prinzipien sein, die wir bereits in der analogen Welt als unseren Maßstab ansetzen. Gute Regulierung, Verantwortung, für das Internet kann nur gelingen, wenn wir es als das betrachten, was es ist: ein weltweiter Verbund von Rechnernetzwerken. Leider schauen wir zu häufig ausschließlich auf Plattformen, die im Internet existieren und versuchen diese zu regulieren, als wären sie “das Internet”. Freilich tragen Plattformen Verantwortung und gehören reguliert. Aber die Regulierung der Plattformen darf eben nicht außer Acht lassen, dass das Internet weit mehr ist als diese.

Um über Freiheit und Verantwortung im Netz zu sprechen, möchte ich das Internet verlassen und den Blick auf die gesamte digitalisierte oder noch zu digitalisierende Welt richten. Uns begegnet hier zunehmend die Frage: Wie wollen wir im Zeitalter der Digitalisierung leben? Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte an die Besucher des Evangelischen Kirchentags 2019, dass sie sich intensiver mit dieser Fragestellung auseinandersetzen und sich einbringen sollen. Die Digitalisierung stellt uns nicht vor gänzlich neue ethische Fragen. Sie stellt uns aber vor die wichtige Aufgabe, unsere Prinzipien und Wertvorstellungen mit in die digitale Welt zu nehmen und auf diese zu übertragen. Dass das nicht immer leicht ist und uns teilweise vor enorme Herausforderungen, aber auch Chancen stellt, ist nicht überraschend. 

Im Fokus dieser digitalisierten Welt stehen algorithmische Entscheidungssysteme, die häufig hochtrabend als Entscheidungen einer Künstlichen Intelligenz dargestellt werden, es aber selten sind. Wir diskutieren sehr viel darüber, was ein autonom fahrendes Auto dürfen soll und was nicht; setzen sogar – richtigerweise – eine Ethik-Kommission ein, die dem Gesetzgeber Vorschläge zur rechtlichen Gestaltung geben soll und dies auch tat. Es wurde eine Datenethikkommission eingesetzt, die die Bundesregierung zum ethischen Umgang mit Daten berät und eine High-Level Expert Group der Europäischen Kommission, die ethische Rahmenbedingungen für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz bereits veröffentlichte. Wir diskutieren – völlig zu recht – inwieweit Algorithmen darüber entscheiden dürfen sollen, ob jemand ins Gefängnis kommt oder nicht. Ob Algorithmen besser und neutraler entscheiden, als Richter es können, oder ob sie nicht doch Vorurteile reproduzieren. Die Tendenz dieser Diskussionen ist meistens klar: Gerade schwerwiegende Entscheidungen, die Grundrechte oder das (weitere) Leben beeinträchtigen können, sollten möglichst abschließend von Menschen getroffen werden. 

Bei algorithmischen Systemen, bei denen wir heute sagen, dass wir sie nutzen wollen, um zum Beispiel eine weitere Grundlage für menschliche Entscheidungen zu haben, sprechen wir intensiv über Probleme durch einen Bias, also einer Verzerrung, über Transparenz, Nachvollziehbarkeit und die Qualität von Daten, mit denen dieses System trainiert oder schließlich gefüttert wird. Auch hier geht die Tendenz in die Richtung, dass wir als Gesellschaft Entscheidungen, die algorithmische Systeme für uns treffen, unbedingt nachvollziehen können müssen. So können wir sie nicht nur verstehen, sondern auch an entsprechenden Stellen Beschwerde einlegen, sodass automatisierte Entscheidungen von Menschen überprüft werden. Es geht hier um nichts weniger als den Schutz von Grund- und Bürgerrechten.

Verengen wir wieder unseren Blick und schauen auf das Internet, stellt sich nun die Frage, warum wir hier nicht mit der gleichen Vorsicht und Gewissenhaftigkeit vorgehen. Betrachten wir zum Beispiel auf die EU-Urheberrechtsrichtlinie. Ja, Uploadfilter stehen nicht im Gesetzestext. Das tut aber wenig zur Sache, wenn klar ist, dass nur durch technische Hilfsmittel, durch Algorithmen, im Volksmund eben auch Uploadfilter genannt, Gesetze umgesetzt werden können. Da helfen keine nationalen Alleingänge, die Uploadfilter verbieten und Pauschallizenzen verpflichtend machen wollen. Uploadfilter sind nichts anderes als algorithmische Systeme, die abgleichen, ob für urheberrechtlich geschütztes Material, das auf eine Plattform hochgeladen wird, eine Lizenz vorhanden ist, oder ob eine der zahlreichen urheberrechtlichen Schranken greift. So zum Beispiel eine für Satire oder eine Parodie. Dass Technologie dies heute überhaupt leisten kann, wird von allen Experten stark bezweifelt. 

Nun könnte man sagen, es kann auch hier Beschwerdestellen geben, sodass ein Mensch die Entscheidung des Uploadfilters überprüfen muss. Das ist richtig. Bei der Menge an Material, das auf Plattformen hochgeladen wird – alleine auf YouTube sind es 400 Stunden pro Minute(!) – bei der Vielzahl an Sprachen, Dialekten, Slang, Insider-Witzen und sonstigen Informationen, die zur Einordnung – sei es durch Mensch oder Algorithmus – notwendig sind, ein schier unmögliches Unterfangen. Es würde nicht nur auf eine unermessliche Summe an algorithmischen Fehlentscheidungen hinauslaufen, sondern auch auf eine durch den Menschen. Von der zeitlichen Verzögerung bis zu einer Entscheidung und damit rechtmäßigen Publikation eines Beitrags auf einer Plattform, ganz zu schweigen.

Wo blieb und wo bleibt bei der Diskussion über das Internet und Plattformen, die Debatte um die Auslagerung Grundrechte betreffender Entscheidungen an algorithmische Systeme? Wir führten sie nicht und das, obwohl das Thema Ethik, die Frage nach dem guten Leben im digitalen Raum, gerade bei so vielen politischen Institutionen auf der Prioritätenliste steht. Algorithmische Entscheidungen, die die Freiheit von so vielen – hier im Speziellen die Meinungs- und Informationsfreiheit – einschränken, dürfen wir nicht zulassen. Der Erhalt und der Schutz von Urheberrechten im digitalen Raum ist wichtig und notwendig. Doch noch wichtiger ist der Erhalt von Bürgerrechten. Die Abwägung zwischen Rechtsgütern ist nichts für Algorithmen, sondern für Menschen mit entsprechender Ausbildung und Legitimation. Und auch, wenn wir Technik einsetzen dürfen, um Rechte bestmöglich zu schützen, dürfen wir algorithmischen Systemen und privatwirtschaftlichen Beschwerdestellen nicht Aufgaben übergeben, über die wir in der analogen Welt Gerichte urteilen lassen, gerade weil Sachverhalte häufig komplexer sind als eine Abfolge von Einsen und Nullen. 

Wie viel uns daran liegt, die europäischen Werte zu erhalten und zu verteidigen, zeigt sich besonders hier, im Internet. 

 

Dieser Beitrag erschien zu erst in der Politik & Kultur (Ausgabe 9/2019) des Deutschen Kulturrats.

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“Bildung und Digitalpolitik: Wo bleibt die Zivilgesellschaft?” – Vortrag beim 14. For..Net Symposium an der Uni Passau

Am 28. April 2019 hielt ich auf Einladung von Prof. Dirk Heckmann beim 14. For..Net Symposium an der Uni Passau einen Vortrag über die Bedeutung der Zivilgesellschaft beim Thema Digitalpolitik. Der Vortrag kann unten angesehen oder nachgelesen werden.

 

Bildung und Digitalpolitik. Wo bleibt die Zivilgesellschaft?

Es war kurz vor Weihnachten 2015 – ein halbes Jahr nachdem es passierte. Wir sahen uns das erste Mal seit dem. Meine Mutter holte mich am Busbahnhof in Hamburg ab. Ich stieg zu ihr ins Auto. Wir fuhren keine zwei Minuten, da sagte sie ziemlich entsetzt: “Und Du bist jetzt in einer Partei?”. Ich glaube, das war das bisher einzige Mal, dass ich sie wirklich mit etwas geschockt habe. “Ja, Mama.“, sagte ich, „Die SPD, die Vorratsdatenspeicherung. Es ist einfach so passiert. Ich musste was tun.” Ich versuchte ihr das Problem mit der Vorratsdatenspeicherung zu erklären, dass unsere Bürgerrechte immer weiter eingeschränkt werden und dass uns immer mehr Überwachung droht. Sie sagte daraufhin was so viele sagen: Aber das ist doch alles nicht so schlimm. Ich hab doch nichts zu verbergen!

Wenn wir über digitale Bildung und digitale Haltung sprechen, dann müssen wir auch über Werte sprechen. Doch was sind eigentlich unsere Werte? Jeder spricht von ihnen, jeder nickt, wenn wir uns auf “unsere “Werte” berufen, aber ich wette, jeder hier würde andere nennen, wenn ich eine Umfrage mache Stimmts? Wir hätten mit Sicherheit sehr viele Überschneidungen, aber ich gehe auch felsenfest davon aus, dass wir über so einige diskutieren müssten, ob sie wirklich zu “unseren Werten” dazu gehören. 

Ich bin der Meinung, dass die Essenz unserer Werte in unserem Grundgesetz zu finden ist. Und ich bin auch der Meinung, dass die Digitalisierung uns die Möglichkeit gibt, zu reflektieren, wie sehr wir unsere Werte leben: Spiegelt ein Algorithmus Alltagsdiskriminierungen wider, denen wir uns vorher so nicht bewusst waren? Wie anstrengend ist Meinungsfreiheit eigentlich und wo beginnt der feine Unterschied zwischen Meinung und rechtswidriger Äußerung? Wie weit sollte ich die Freiheit Einzelner einschränken um eventuelle Sicherheit für alle zu gewährleisten?

Ich möchte heute über zwei Werte sprechen, die meiner Meinung nach durch die Digitalisierung, gerade auch in liberalen Demokratien, unter Druck stehen: Freiheit und Privatheit. Diese Werte sind so essentiell, aber auch so selbstverständlich geworden, dass ich glaube, dass wir uns ihnen dringend wieder bewusst werden müssen. 

Was passiert, wenn wir unsere Werte, unsere Freiheit, als gegeben ansehen und vermeintlich nichts für deren Erhalt tun müssen, sehen wir heute zur Genüge: Brexit, Uploadfilter für Urheberrechte und terroristische Inhalte, Staatstrojaner, NetzDG, Überwachungskameras mit Gesichtserkennung, die Speicherung von biometrischen Daten auf Ausweisdokumenten und in Datenbanken, Fluggastdatenspeicherung, der  Zusammenschluss von Datenbanken von Polizei und Migrationsbehörden und noch Vieles mehr.

Wo bleibt die Zivilgesellschaft? Diese Frage soll ich heute beantworten. Bei den Uploadfiltern hat sich eine gewaltige Bewegung gebildet, wenn auch erst recht spät. Die enorme Mobilisierung seit Anfang diesen Jahres verdanken wir vornehmlich YouTubern, die junge Menschen darüber informiert haben, was zu erwarten ist, wenn die EU-Urheberrechtsreform in der Form in der sie nun auch beschlossen wurde, durch kommt. Aber auch wenn ich in den vergangenen Monaten immer wieder betonen musste, dass nicht nur die “Generation YouTube” gegen die Reform protestierte, sondern auch Ältere – ich gehöre mittlerweile auch dazu – und vor allem Expertinnen und Experten aus diversen Fachgebieten, dann muss ich aber auch sagen, dass ich auf der Demo in Berlin doch hauptsächlich besagte “Generation YouTube” sah. 

Wo waren die anderen?

Von 2007 bis 2014 hatten die Freiheit statt Angst Demos großen Zulauf. Von ein paar tausend bis mehrere zehntausend Menschen demonstrierten in den Jahren für Datenschutz und gegen staatliche Überwachung. Nicht die „Generation YouTube“, denn die gab es da noch gar nicht, sondern ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis. Der AK Vorrat und der AK Zensur, Lobbycontrol, Pro Asyl, die Verbraucherzentrale, Reporter ohne Grenzen, Verdi, IG Metall, die AIDS-Hilfe, die katholische Junge Gemeinde, um nur einige wenige zu nennen. 

Und heute? Auch bei der EU-Urheberrechtsreform gab es ein breites Bündnis, aber nicht so breit und nicht so tiefgreifend auf die Verteidigung unserer Grundwerte bedacht, wie ich es mir gewünscht hätte und wie es notwendig gewesen wäre. 

Heute wird stattdessen leider viel zu häufig auf die europäische Datenschutzgrundverordnung geschimpft. Gegen Polizeigesetze, die auch einen Staatstrojaner beinhalten wird nur in wenigen Bundesländern groß demonstriert, in vielen anderen werden sie dahin genommen, fast unbemerkt. Das neue IT-Sicherheitsgesetz, das dem Gesetzgeber erlauben soll, Verdächtige zu Herausgabe von Passwörtern zu zwingen, bekommt bei weitem nicht den Aufschrei, den es verdiente. Die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch Uploadfilter wird bei klassischen YouTube-Videos erkannt, nicht aber bei der schwammigen Bezeichnung von “Terror”. Gesichtserkennung von staatlicher Seite findet immer häufiger statt. In Berlin am Südkreuz, an Grenzübergängen im Flughafen – wo die Daten landen und vielleicht verknüpft werden, wissen wir nicht. Oder vielleicht wüssten wir es, wenn wir uns irgendwo informierten, oder mal nachfragen. Aber wo? Und könnten uns die Beamtinnen und Beamten überhaupt darüber Auskunft geben? 

Es interessiert uns nicht. Oder zu wenig. Wir sind bei vielen Sachen zu bequem und ich nehme mich da nicht aus.  Zusammengewürfelte Datenbanken mit unsauberen Daten, die zum Verlust der Akkreditierung eines Journalisten beim G20 Gipfel in Hamburg führten, führten hauptsächlich zu Empörungen in der Bürgerrechtsszene. Datenmissbrauch durch die Polizei, wo Daten für private Zwecke missbraucht wurden, ja sogar der Datenmisabrauch durch rechte Polizeibeamte, die ihre Zugänge zur Datenbank nutzen, um Drohbriefe an Linke und Autonome zu schreiben, wie kürzlich in Berlin, führen nur zu einem Schulterzucken. Wenn überhaupt. Selbst, und das ist das Schlimmste, bei der Polizei, die sich laut Berliner Datenschutzbeauftragten nur wenig kooperativ verhält.

Katharina Nocun hat es wunderbar in ihrem Buch “Die Daten die ich rief” beschrieben. Ich zitiere: “Datenschutz stellt in einer vernetzten Welt eine der zentralen Machtfragen. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so erscheinen mag. Zugegeben, das Wort ‘Datenschutz’ verströmt den Charme eines Einwohnermeldeamtes. Es klingt nach Bürokratie und eilig durchgewunkenen Geschäftsbedingungen, deren erster Absatz einen dank feinstem Juristendeutsch bereits zu Tode langweilt. Das bekomme ich bei Diskussionen häufig zu spüren. Während das ehrenamtliche Engagement für Umweltschutz von den meisten Leuten als wichtiger gesellschaftlicher  Beitrag angesehen wird, leitet das Thema Datenschutz meist eine mehr oder minder turbulente Grundsatzdiskussion ein. Vielleicht kennen sie das ja auch. Immer häufiger begegnet mir dabei die Haltung ‘Ich habe nichts zu verbergen’ oder ‘Da kann man eh´ nichts machen’. Auf Datenschützer bezogen heißt das wohl: ‘Du verschwendest deine Zeit.’ Es scheint ganz so, als würde das Schrumpfen des überwachungsfreien Raumes von vielen Menschen als Lauf der Dinge hingenommen werden, als einzig mögliche logische Folge der Digitalisierung.” Zitatende.

Datenschutz stellt eine der zentralen Machtfragen. Und sie wird heute gestellt. 

Beim Lesen dieser Passage und dem Vergleich mit dem Engagement für Umweltschutz stellte sich mir unweigerlich die Frage: Brauchen wir nicht auch eine “Friday’s for Future”-Bewegung für unsere Grundrechte? Für die Sicherstellung von Freiheit und Privatheit im digitalen Raum? Ebenso wie der Einsatz für das Klima JETZT notwendig ist, um eine lebenswerte Zukunft sicherzustellen, ist auch der Einsatz für Freiheit und Privatheit im digitalen Raum JETZT notwendig. 

Doch wie kommen wir zu so einer Bewegung? Ich fürchte, sie kommt wie “Friday’s for Future” erst dann zustande, wenn Menschen zu spüren bekommen, wie sehr sie ihrer Grundrechte beschnitten werden. Also viel zu spät. 

Wir haben daher nur die Chance so eine Bewegung schnellstmöglich anzuzetteln, indem wir viel intensiver auf die Bedeutung von unseren Werten, von Freiheit und Privatheit aufmerksam machen. Und das muss die Aufgabe zivilgesellschaftlicher Akteure sein. Doch wir dürfen nicht, wie schon beim Begriff „Werte“ so abstrakt von „Freiheit“ und „Privatheit“ sprechen, sondern wir müssen diesen Begriffen Leben einhauchen. Gerade auch in Bezug auf für den digitalen Raum. Doch das kann nicht die alleinige Aufgabe von digitalpolitischen Vereinen im weitesten Sinne sein. Dafür sind sie viel zu klein und viel zu wenig in der breiten Gesellschaft verankert. Das ist keine Kritik an ihnen, das ist meiner Meinung nach ein notwendiges Übel bei hochspezialisierten Interessensgruppen. 

Wenn wir über Bildung sprechen, dann denken wir immer an Schulen. Oder auch Universitäten. Ja, auch hier müssen wir dringend dafür Sorgen, dass nicht nur im Zusammenhang mit “digitalen Medien” über Werte wie Freiheit und Privatheit gesprochen wird. Aber Bildung und Aufklärung ist in diesem Punkt vor allem bei dem Großteil der Bevölkerung essentiell, der eben nicht mehr die Schulbank drückt oder in der Vorlesung sitzt. Wir müssen – gerade was den Umgang mit der Digitalisierung, aber eben auch was die Einschränkung von Freiheiten durch die Digitalisierung angeht, dringend die breite Masse erreichen. Die, die übrigens auch wählen darf und vor allem auch wählen geht. 

Um hier anzusetzen, müssen Akteure wie die Kirchen, Gewerkschaften, Stiftungen, Vereine und alle sonstigen Organisationen mehr über über das Grundlegende sprechen, das hinter dem steht, was sie tun. Denn sie handeln ja zumeist auf Basis unserer Werte. Ihr Handeln haucht unseren Werten leben ein. Und gerade diese Akteure müssen in einer sich digitalisierenden Welt dafür sorgen, dass auch dort unsere Werte, die Werte, die sie vertreten und für die sie stehen, erhalten bleiben. Und ich muss es hier nochmal ganz klar sagen: meiner Meinung nach, haben die Gewerkschaften wie Verdi und der DJV bei der Urheberrechtsreform versagt. als gesellschaftlicher Akteur und bei der expliziten Vertretung der Interessen ihrer Mitglieder. 

Wo bleibt also die Zivilgesellschaft? Mein Glück ist ja, dass ich eigentlich gar nicht über diese teils nicht ganz greifbaren Konstrukte von Gewerkschaften, Vereinen und Stiftungen sprechen muss. Ich hab sie ja hier, die Zivilgesellschaft. Sie, ich, wir alle sind sie. Jede und jeder Einzelne hier im Raum Teil dieser Zivilgesellschaft und auch wir können Wertevermittlung und Haltung eigentlich ganz einfach in unseren Alltag einbauen.

Sprechen Sie häufiger in Ihrem Alltag über solche Themen. Gerade auch mit denjenigen, die sich eben nicht beruflich oder ehrenamtlich mit Netzpolitik oder IT-Recht beschäftigen. Das geht am Tisch beim Abendbrot, beim Sport, in der Bar mit Freunden, das Thema kann man sogar bei einem Date mal ansprechen – ist super um ein gemeinsames Wertefundament zu klären, glauben Sie mir – oder teilen Sie doch einfach mal Artikel dazu auf ihren Social Media Kanälen. Ich glaube nicht nur, dass es was bringt, ich verspreche ihnen auch, dass man so selber viel lernt und gerade auch über Twitter viele spannende Leute kennenlernen kann. 

Doch kommen wir zurück zu meiner Mutter. Die ist nämlich genau so zu einem großen Fan von Datenschutz geworden. Sie bekommt Nicht nur meine Kommentare zum Thema auf Facebook mit. Wir reden auch beim Frühstück ausgiebig über diese Themen, wenn ich bei ihr zu Besuch bin. Sie liest die Bücher zu Datenschutz, die ich mir kaufe und schimpft danach, was doch für ungeheuerliche Sachen passieren. “Sag ich ja Mama”, sag ich dann. “Gut, dass ihr was macht”, sagt sie dann. 

Bildung und Haltung basieren auf Werten. Eine aktive Zivilgesellschaft muss sich ihrer Werte wieder bewusst werden und sie verteidigen. Dazu gehört vor allem Bildung und Aufklärung abseits von Universität und Schule. Denn die Einschränkungen, die uns bedrohen, sind zu essentiell, als dass wir einfach darauf hoffen können, dass nachfolgende Generationen noch in einer freien Welt ohne extremste Überwachung leben werden.

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