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Internet Governance

Category: Internet Governance

ICANN lehnt Antrag der Ukraine auf Sperrung russischer Internet-Domains ab

Forderungen nach dem Abschalten des Internets oder einzelner Plattformen klingen regelmäßig verlockend. Doch ebenso regelmäßig muss ihnen dringend Einhalt geboten werden. Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat mit der Zurückweisung des Wunsches nach dem Ausschluss Russlands aus dem Internet richtig reagiert. Die Internet Governance muss liberale Demokratien künftig stärker interessieren.

Russland muss aus dem Internet ausgeschlossen werden, damit Propaganda und Desinformation aus Russland Einhalt geboten werden kann. Diese Forderung stellte der ukrainische Minister für digitale Transformation und stellvertretender Premierminister, Mykhailo Fedorov, an die ICANN, die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers. Eine Forderung, die auf den ersten Blick logisch und nachvollziehbar klingt, schließlich nutzt der Kreml das Internet, um Cyberangriffe zu lancieren und seine Propaganda zu verbreiten. Diese gezielten Maßnahmen der russischen Regierung sind nicht erst seit dem brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine bekannt. Doch die Auswirkungen sind seit dem 24. Februar spürbarer. Auf den zweiten Blick wäre es dennoch falsch, der Forderung des ukrainischen Ministers nachzukommen. Göran Marby, der Präsident der ICANN, hat das Anliegen aus der Ukraine aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. 

Marby wies in einem Antwortschreiben auf die Neutralität der ICANN hin und beteuerte zugleich, dass sowohl er als auch die ICANN an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen. Neutralität wahren in einem brutalen Angriffskrieg – das klingt zynisch. Doch schaut man genauer hin, verhält sich die ICANN mit ihrer Entscheidung nicht neutral im Sinne einer egalitären Haltung. Vielmehr setzt sie sich mit ihrer Neutralität für ein offenes und freies Internet ein. Nur ein solches kann die Grundlage für ein Internet sein, das Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte achten und gewährleisten kann. Hätte sich die ICANN nicht neutral verhalten, hätte sie den Bestrebungen autoritärer Regime – allen voran China und Russland – Vorschub geboten, eigene, überwachte „Internets“ weiter zu befördern und zu legitimieren. Das darf nicht passieren. Vielmehr müssen liberale Demokratien den geopolitischen Machtkampf im Digitalen stärker im Blick haben. Sie müssen sich endlich deutlich engagierter für die Freiheit des Internets einsetzen.

Die ICANN, die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, vergibt – wie ihr Name schon sagt – Namen und Nummern. Das heißt, sie kümmert sich um das Domainnamen System (DNS) und die IP-Adressen. Das DNS ist quasi das Telefonbuch des Internets und ermöglicht, dass der Mensch sich nur www.freiheit.org merken muss. Das DNS schlüsselt die dahinterliegende IP-Adresse, die „Telefonnummer” auf und leitet die Nutzerin auf die angewählte Webseite. Die ICANN ist auch für die Vergabe der Top-Level-Domains zuständig. Das heißt, die Vergabe der Ländercodes wie .de oder .fr, sowie die Vergabe der generischen Endungen wie .com, .org oder .gov. 

Die ICANN selbst ist eine unabhängige Nicht-Regierungsorganisation mit Sitz in den Vereinigten Staaten und nicht die „Weltregierung” des Internets. Sie ist weder rechtlich noch technisch in der Lage, das Internet einfach abzuschalten. Das liegt an dem dezentralen Aufbau des Internets in technischer Hinsicht, aber auch an der dezentralen Verteilung von Zuständigkeiten und Befugnissen. So vergeben gesonderte Organisationen in den einzelnen Staaten – in Deutschland die DENIC – nach den jeweiligen Gesetzen des Staates die Domains zur jeweiligen Länderkennung. So wenig die ICANN also bestimmen kann, wer eine .de-Domain nutzt, so wenig kann sie es bei denjenigen tun, die die russischen – .ru und .su – nutzen. Die ICANN sorgt lediglich dafür, dass eine dafür autorisierte Organisation – wie die DENIC – in einem Staat die Domains betreibt und verwaltet. Es handelt sich dabei um eine Dezentralisierung von Macht, damit die ICANN eben nicht eine etwaige „Weltregierung” des Internets ist. 

Selbstredend ist die Darstellung der Aufgaben der ICANN und der Funktionsweise des Internets hier sehr verkürzt und vereinfacht dargestellt worden. Sie sollte aber ausreichen, um den Antwortbrief des Präsidenten der ICANN besser verstehen und einordnen zu können. Ein Entziehen der .ru bzw. .su Kennungen würde nur dazu führen, dass die Webseiten hinter der Kennung nicht mehr ohne Weiteres aufrufbar wären. Alle Webseiten – auch die mit russischsprachigen Inhalten – die hinter einer generischen Kennung wie beispielsweise .com oder .org hinterlegt sind, hingegen schon. Auch bei deutschen Organisationen ist es üblich, solche Top-Level-Domains (zusätzlich) zu verwenden. Desinformation und Propaganda aus Russland bzw. russischsprachige Desinformation würde somit nicht Einhalt geboten werden. Vielmehr würde es dazu führen, dass Menschen noch früher von Informationsangeboten jeglicher Art abgeschnitten werden. 

In dem Brief weist ICANN-Präsident Marby abschließend darauf hin, dass die ICANN keinen Zugang zum Internet überwacht und auch keine Inhalte kontrolliert. Der Wunsch des ukrainischen Ministers, dass so Nutzerinnen und Nutzer vertrauenswürdige Informationen auf Webseiten anderer Top-Level-Domains, das heißt lediglich internationalen Domains finden würden, kann daher nicht erfüllt werden, da er auf falschen Annahmen beruht. 

Leider offenbart sich hier auch, welche nachhaltige katastrophale Wirkung die Erfüllung des durchaus verständlichen Wunsches aus der Ukraine hätte: Damit die russischen Internetnutzerinnen und -nutzer vertrauenswürdige Informationen bekommen können, muss die ICANN neutral bleiben. ICANN-Präsident Marby konstatiert zu Recht, dass jegliche andere Handlungen dazu führen würden, dass das Vertrauen in das Multistakeholder-Modell verloren ginge und damit die Maßnahmen, die für die Aufrechterhaltung des globalen Internets notwendig sind, keinen Rückhalt mehr haben würden. Dramatischer noch: Eine Umsetzung der Forderung des ukrainischen Ministers Fedorovs würde sogar dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände spielen und ihn in seinen Warnungen bestätigen, dass der Westen Russland aus dem Internet verbannen möchte. 

Dafür muss man einige Jahre zurückblicken: Diese kreierte Bedrohung, der Westen würde Russland aus dem Internet abschneiden wollen, ist schon mehrere Jahre alt. Sie war Grundlage für Putins Pläne, ein eigenes russisches Internet aufzubauen – gemeinhin auch RuNet genannt. Unter dem Vorwand, man müsse sich vor Cyberangriffen des Westens schützen, sorgte der Kreml für eine immense Überwachungsinfrastruktur innerhalb des russischen Staatsgebiets. Menschenrechtsexperten und Netzaktivistinnen warnten nicht erst 2019 lautstark vor diesen Plänen.

Dabei gab es diese Drohung nicht – schon gar nicht die Forderung, Russland oder irgendein anderes Staatsgebiet aus dem Internet auszuschließen (zumal das aufgrund der dezentralen Konstruktion des Internets auch nicht einfach so möglich wäre). Putin nutzte sie als Vorwand, um damit zu begründen, dass fortan jeder Datenverkehr über Knotenpunkte in Russland geleitet werden muss. Erst dieses Vorgehen ermöglicht es, den Datenverkehr zu filtern und zu überwachen. China macht es mit seiner „Great Firewall” vor – ist aber bis heute deutlich erfolgreicher in der Abschirmung und damit Filterung und Überwachung des Datenverkehrs seiner Bürgerinnen und Bürger. 

Zur Kontrolle der Russinnen und Russen gehörte auch die gesetzliche Vorgabe, dass Konzerne die Daten aller Staatsbürger in Russland zu speichern hätten. Konzerne wie Microsoft, zu dem die Business-Netzwerk-Plattform LinkedIn gehört, widersetzten sich der Vorgabe, weswegen LinkedIn bereits seit Jahren in Russland nicht mehr verfügbar ist. Auch die anderen großen Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter hätten dieser Vorgabe folgen müssen, taten es aber nicht. Sie erhielten Ordnungsstrafen, die Zugänge wurden aber auf Basis dieses Gesetzes bisher nicht gesperrt. Aktuell ist der Zugang zu Twitter gedrosselt, so dauert es lange, die Seite zu laden. Facebook ist wie Instagram mittlerweile blockiert. 

Rückblickend muss festgestellt werden, dass die Maßnahmen des Kremls für ein eigenes russisches Internet und die damit einhergehenden Überwachungsmaßnahmen die Weltgemeinschaft hätte mehr interessieren und beunruhigen müssen. Die lang angelegten und umgesetzten Maßnahmen mit ihren heutigen Auswirkungen zeigen insbesondere zwei Dinge, die liberale Demokratien – allen voran Deutschland und die Europäische Union – jetzt deutlich ernster nehmen müssen:

  • Maßnahmen zur Internetzensur und -überwachung müssen konsequent adressiert und geächtet werden. Sie müssen viel stärker in den internationalen Beziehungen adressiert werden – ebenso wie Internetsperren. Deutschland und die Europäische Union müssen ein gutes Vorbild sein. Daher sind Vorschläge wie das Sperren des Messengerdienstes Telegram sowie jegliche gesetzlich vorgegebenen Filter abzulehnen.
  • Deutschland und die Europäische Union müssen sich für eine Stärkung des Multi-Stakeholder-Ansatzes bei der Internet Governance einsetzen und damit auch die Förderung des Internet Governance Forums der UNO bzw. die Verlängerung dessen Mandats, das 2025 ausläuft. Die aktuelle Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie sich für ein offenes, globales Internet einsetzen will und zudem die globale Zivilgesellschaft stärken möchte, die sich für digitale Bürgerrechte einsetzt. Diese Vorhaben sollte sie insbesondere ob der aktuellen Ereignisse zügig angehen. 

Die Internet Governance fristet ein Nischendasein, aus dem sie unbedingt heraus muss. Die vernetzte Gesellschaft und das Informationszeitalter erfordern dies dringend. Gerade weil Menschenrechte wie das Recht auf Informationsfreiheit gesichert werden können. Wie dringend notwendig dies ist, sehen wir in der aktuellen Situation. Die ICANN verhielt sich mit ihrem Bekenntnis zur Neutralität daher nicht gleichgültig, sondern manifestierte ihr Bekenntnis zu grundlegenden Prinzipien, die die Grundlage für ein freies und offenes Internet sind. Allein solch ein Internet ist in der Lage, Demokratie und Menschenrechte zu gewährleisten, allen voran das Recht auf Informationsfreiheit. 

Zersplittert das Internet, werden dessen Grundideale – die Freiheit von Information – beerdigt. Die Kontrolle des Internets würde zum Gegenteil führen: zu einer Informationshoheit und damit Zensur. Abspaltungen und Kontrolle über das Internet oder auch nur einzelne Bereiche, wie der Kreml sie noch deutlich stärker anstrebt und China sie bereits hat, um zu eben dieser Informationshoheit zu kommen, führen dazu, dass nicht mehr universelle Werte zur Grundlage des Internets und damit Grundlage für Transport und Bewertung von Informationen gemacht werden, sondern nationale, partikulare Interessen. Diese richten sich, wie wir aktuell und in zahlreichen anderen Beispielen sehen können, nicht zwingend an Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit aus.

Dieser Text wurde zuerst auf freiheit.org veröffentlicht.

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Kein „Wilder Westen“. Freiheit und Verantwortung im Internet

Das Internet ist ein Versprechen von Freiheit. Doch Freiheit funktioniert nicht ohne Verantwortung. Das Internet war noch nie Wilder Westen – ein Raum, in dem keine Gesetze, keine Regulierung gegriffen hätten. Dieses Internet existierte und existiert auch heute nicht im luftleeren Raum, sondern funktioniert nur durch Server und Übertragungsmittel, die auf staatlichem Territorium stehen und damit örtlichen Gesetzen unterliegen. Natürlich müssen Gesetze für das digitale Zeitalter angepasst werden, manche auch neu geschaffen werden, wenn erkannt wird, dass neue Möglichkeiten zum Nachteil der Gesellschaft genutzt werden. Grundlage hierfür sollten immer die Werte und Prinzipien sein, die wir bereits in der analogen Welt als unseren Maßstab ansetzen. Gute Regulierung, Verantwortung, für das Internet kann nur gelingen, wenn wir es als das betrachten, was es ist: ein weltweiter Verbund von Rechnernetzwerken. Leider schauen wir zu häufig ausschließlich auf Plattformen, die im Internet existieren und versuchen diese zu regulieren, als wären sie “das Internet”. Freilich tragen Plattformen Verantwortung und gehören reguliert. Aber die Regulierung der Plattformen darf eben nicht außer Acht lassen, dass das Internet weit mehr ist als diese.

Um über Freiheit und Verantwortung im Netz zu sprechen, möchte ich das Internet verlassen und den Blick auf die gesamte digitalisierte oder noch zu digitalisierende Welt richten. Uns begegnet hier zunehmend die Frage: Wie wollen wir im Zeitalter der Digitalisierung leben? Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte an die Besucher des Evangelischen Kirchentags 2019, dass sie sich intensiver mit dieser Fragestellung auseinandersetzen und sich einbringen sollen. Die Digitalisierung stellt uns nicht vor gänzlich neue ethische Fragen. Sie stellt uns aber vor die wichtige Aufgabe, unsere Prinzipien und Wertvorstellungen mit in die digitale Welt zu nehmen und auf diese zu übertragen. Dass das nicht immer leicht ist und uns teilweise vor enorme Herausforderungen, aber auch Chancen stellt, ist nicht überraschend. 

Im Fokus dieser digitalisierten Welt stehen algorithmische Entscheidungssysteme, die häufig hochtrabend als Entscheidungen einer Künstlichen Intelligenz dargestellt werden, es aber selten sind. Wir diskutieren sehr viel darüber, was ein autonom fahrendes Auto dürfen soll und was nicht; setzen sogar – richtigerweise – eine Ethik-Kommission ein, die dem Gesetzgeber Vorschläge zur rechtlichen Gestaltung geben soll und dies auch tat. Es wurde eine Datenethikkommission eingesetzt, die die Bundesregierung zum ethischen Umgang mit Daten berät und eine High-Level Expert Group der Europäischen Kommission, die ethische Rahmenbedingungen für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz bereits veröffentlichte. Wir diskutieren – völlig zu recht – inwieweit Algorithmen darüber entscheiden dürfen sollen, ob jemand ins Gefängnis kommt oder nicht. Ob Algorithmen besser und neutraler entscheiden, als Richter es können, oder ob sie nicht doch Vorurteile reproduzieren. Die Tendenz dieser Diskussionen ist meistens klar: Gerade schwerwiegende Entscheidungen, die Grundrechte oder das (weitere) Leben beeinträchtigen können, sollten möglichst abschließend von Menschen getroffen werden. 

Bei algorithmischen Systemen, bei denen wir heute sagen, dass wir sie nutzen wollen, um zum Beispiel eine weitere Grundlage für menschliche Entscheidungen zu haben, sprechen wir intensiv über Probleme durch einen Bias, also einer Verzerrung, über Transparenz, Nachvollziehbarkeit und die Qualität von Daten, mit denen dieses System trainiert oder schließlich gefüttert wird. Auch hier geht die Tendenz in die Richtung, dass wir als Gesellschaft Entscheidungen, die algorithmische Systeme für uns treffen, unbedingt nachvollziehen können müssen. So können wir sie nicht nur verstehen, sondern auch an entsprechenden Stellen Beschwerde einlegen, sodass automatisierte Entscheidungen von Menschen überprüft werden. Es geht hier um nichts weniger als den Schutz von Grund- und Bürgerrechten.

Verengen wir wieder unseren Blick und schauen auf das Internet, stellt sich nun die Frage, warum wir hier nicht mit der gleichen Vorsicht und Gewissenhaftigkeit vorgehen. Betrachten wir zum Beispiel auf die EU-Urheberrechtsrichtlinie. Ja, Uploadfilter stehen nicht im Gesetzestext. Das tut aber wenig zur Sache, wenn klar ist, dass nur durch technische Hilfsmittel, durch Algorithmen, im Volksmund eben auch Uploadfilter genannt, Gesetze umgesetzt werden können. Da helfen keine nationalen Alleingänge, die Uploadfilter verbieten und Pauschallizenzen verpflichtend machen wollen. Uploadfilter sind nichts anderes als algorithmische Systeme, die abgleichen, ob für urheberrechtlich geschütztes Material, das auf eine Plattform hochgeladen wird, eine Lizenz vorhanden ist, oder ob eine der zahlreichen urheberrechtlichen Schranken greift. So zum Beispiel eine für Satire oder eine Parodie. Dass Technologie dies heute überhaupt leisten kann, wird von allen Experten stark bezweifelt. 

Nun könnte man sagen, es kann auch hier Beschwerdestellen geben, sodass ein Mensch die Entscheidung des Uploadfilters überprüfen muss. Das ist richtig. Bei der Menge an Material, das auf Plattformen hochgeladen wird – alleine auf YouTube sind es 400 Stunden pro Minute(!) – bei der Vielzahl an Sprachen, Dialekten, Slang, Insider-Witzen und sonstigen Informationen, die zur Einordnung – sei es durch Mensch oder Algorithmus – notwendig sind, ein schier unmögliches Unterfangen. Es würde nicht nur auf eine unermessliche Summe an algorithmischen Fehlentscheidungen hinauslaufen, sondern auch auf eine durch den Menschen. Von der zeitlichen Verzögerung bis zu einer Entscheidung und damit rechtmäßigen Publikation eines Beitrags auf einer Plattform, ganz zu schweigen.

Wo blieb und wo bleibt bei der Diskussion über das Internet und Plattformen, die Debatte um die Auslagerung Grundrechte betreffender Entscheidungen an algorithmische Systeme? Wir führten sie nicht und das, obwohl das Thema Ethik, die Frage nach dem guten Leben im digitalen Raum, gerade bei so vielen politischen Institutionen auf der Prioritätenliste steht. Algorithmische Entscheidungen, die die Freiheit von so vielen – hier im Speziellen die Meinungs- und Informationsfreiheit – einschränken, dürfen wir nicht zulassen. Der Erhalt und der Schutz von Urheberrechten im digitalen Raum ist wichtig und notwendig. Doch noch wichtiger ist der Erhalt von Bürgerrechten. Die Abwägung zwischen Rechtsgütern ist nichts für Algorithmen, sondern für Menschen mit entsprechender Ausbildung und Legitimation. Und auch, wenn wir Technik einsetzen dürfen, um Rechte bestmöglich zu schützen, dürfen wir algorithmischen Systemen und privatwirtschaftlichen Beschwerdestellen nicht Aufgaben übergeben, über die wir in der analogen Welt Gerichte urteilen lassen, gerade weil Sachverhalte häufig komplexer sind als eine Abfolge von Einsen und Nullen. 

Wie viel uns daran liegt, die europäischen Werte zu erhalten und zu verteidigen, zeigt sich besonders hier, im Internet. 

 

Dieser Beitrag erschien zu erst in der Politik & Kultur (Ausgabe 9/2019) des Deutschen Kulturrats.

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