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November 2020

Publikation: The German Corona-App. In der Reihe “Rethinking Privacy and Mass Surveillance in the Information Age”

Im Rahmen des deutsch-israelischen Dialog-Projekts “Rethinking Privacy and Mass Surveillance in the Information Age” durfte ich für die Heinrich-Böll-Stiftung Israel und das Israel Public Policy Institute ein Papier über die Debatte zur deutschen Corona-Warn-App verfassen. Das Papier „The German Corona-App: Expectations, Debates and Results“ kann hier heruntergeladen werden. Es war Teil eines anschließenden Dialogs mit Eran Toch, der die israelische Perspektive einbrachte. Sein Papier „Eroding Trust: Contact Tracing Technologies in Israel“ kann hier heruntergeladen werden.

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Gegen Hass im Netz: „Frauenhass und Herabwürdigung sitzen in unserer Gesellschaft tief“

Der jüngste, aufsehenerregende Vorfall passierte auf Instagram: Dank insbesondere der Berliner Influencerin Louisa Dellert und der feministischen Aktivistin Kristina Lunz, konnten wir miterleben, was Frauen regelmäßig ertragen müssen.

Im Netz werden sie mit Bedrohungen überhäuft – meist durch aufgestachelte Follower eines Nutzers. In diesem Fall von dem Comedian Hendrik Nitsch, besser bekannt als „Udo Bönstrup“, der sich vor einigen Tagen über ein Statement gegen sexistische Hassnachrichten lustig machte. Nur haben sich die betroffenen Frauen diesmal lautstark gewehrt.

Insbesondere bei Frauen, die sich öffentlich gegen Frauenfeindlichkeit aussprechen, wird häufig versucht, sie mundtot zu machen. Und dieser aktuelle Fall zeigt: Beim Thema digitale Gewalt ist noch viel zu tun. Hinweise von anderen Menschen, dass man sich nicht so darüber aufregen solle, tragen zu diesem sogenannten Silencing bei und verschlimmern die Gewalterfahrung. Zu viele Frauen ertragen diese digitale Gewalt. Das darf nicht sein.

Wussten Sie, dass 70 Prozent der Mädchen und jungen Frauen in Deutschland Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierungen in sozialen Medien ausgesetzt sind? Das ergab eine Studie von Plan International unter 15- bis 24-Jährigen.

Weniger politisches Engagement wegen Bedrohungen und Beschimpfungen

Auch die neueste Studie der Initiative D21, „Digitales Leben““, kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen häufiger unter (oft sexualisierten) Belästigungen im Netz leiden. Frauen nehmen laut der Studie weniger die Möglichkeiten des gesellschaftlichen und politischen Engagements auf sozialen Medien wahr als Männer. 

Die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) hat in ihren Analysen zur Kommunalpolitik herausgefunden, dass der Grund für ein geringeres Engagement in der Politik zu einem erheblichen Teil in den Bedrohungen und Beschimpfungen im digitalen Raum liege. Nach einer Auswertung des Guardian aus dem Jahr 2016 verstärken sich die Anfeindungen sogar noch, wenn ein Migrationshintergrund vorliegt.

Das sind erschreckende Befunde. Sie zeigen, dass Frauenfeindlichkeit noch weit verbreitet ist. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass dieser Hass von Menschen ausgeht, die auch in der analogen Welt agieren. Sie sind dort keine anderen Personen. Wir müssen allen Menschen einen sicheren – analogen wie digitalen – Raum bieten, in dem sie sich diskriminierungsfrei äußern können und damit auch, aber nicht nur, an demokratischen Diskursen teilnehmen können.

Sieben Vorschläge für einen sicheren digitalen Raum

Um einen sicheren digitalen Raum zu ermöglichen, müssen wir entschieden gegen digitale Gewalt vorgehen. Diese sieben Vorschläge sehen wir als wichtigen Anfang:

1. Zu Beginn steht Solidarität! Die braucht es nicht nur von Frauen. Gewalt gegen Frauen ist kein Frauenproblem, sondern ein gesellschaftliches Problem, meist ein Männerproblem. Tätern muss das Gefühl genommen werden, dass sie Macht über ihr Opfer haben. Ihnen muss klargemacht werden, dass ihr Verhalten – ob strafbar oder nicht – von einer offenen Gesellschaft nicht toleriert wird.

2. Hate Speech ist Gewalterfahrung. Opfer brauchen besondere Betreuung. Auch und gerade bei Straf- oder Zivilrechtsverfahren. Anlaufstellen, bei denen sie vorab Hilfe bekommen können und sich über ihre rechtlichen Möglichkeiten, aber auch Maßnahmen zum persönlichen Schutz informiert werden können, sind essenziell. Es braucht mehr von diesen Anlaufstellen. Bei schweren Ehrverletzungen sollte den Opfern zudem ein „Opferanwalt“ und eine psychosoziale Prozessbegleitung zur Seite gestellt werden. 

3. Straftaten im Netz müssen besser geahndet werden durch spezialisierte Kräfte in Polizei und Justiz. Zentralstellen der Staatsanwaltschaft wie sie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen schon eingerichtet wurden, sind hierfür sinnvoll. Polizei und Justiz müssen über technischen Sachverstand und modernste Ausstattung im digitalen Raum verfügen. Zudem müssen sie die Tragweite von Angriffen einschätzen und ernst nehmen können. Vorschläge, wie den Twitter- oder Instagram-Account zu löschen, dürfen nicht erfolgen. 

Es soll e-Courts für schnelle Verfahren geben

4. Strafanzeigen müssen einfach, online und anonymisiert gestellt werden können. In Zivilprozessen muss es für die Geschädigten möglich sein, das Verfahren auch ohne Nennung der privaten Anschrift zu betreiben, sondern derjenigen der beratenden Kanzlei oder NGO. Dies wird von Gerichten nach Angabe von Betroffenen nicht immer akzeptiert. Es ist aber von essentieller Bedeutung, da ansonsten der Täter über eine Akteneinsicht die Privatanschrift erfahren könnte. 

5. Das durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geregelte eigenmächtige Löschen durch die Plattformen ohne Verfahren ist nicht zielführend. Vereinfachte Onlineverfahren, sogenannte e-Courts, können eine Beschleunigung von Verfahren ermöglichen. Zeit ist bei solchen Vorfällen von enormer Bedeutung. Onlineverfahren können nicht nur die Justiz entlasten. Zeitnahe Urteile sorgen auch bei Tätern für eine nachhaltige Wirkung.

6. Polizei und Justiz müssen effektiv und schnell mit den Plattformen und NGOs zusammenarbeiten. NGOs wie zum Beispeil „Hate Aid“, „Hassmelden“ und „Ich bin hier“ sollen die Möglichkeit bekommen, den Staatsanwaltschaften digital Strafanzeigen zuzuleiten. Sie verfügen über die Expertise der Beweissicherung und können so  schnell die Staatsanwaltschaft unterstützen und Betroffenen helfen.

Es braucht einen starken Staat und verantwortungsvolle Plattformen

7. Plattformen wie Instagram tragen Verantwortung. Sie müssen ihre eigenen Regeln durchsetzen und dürfen orchestrierten Hass nicht hinnehmen. Sie müssen mehr Content-Moderatorinnen und -Moderatoren einsetzen, die gemeldete Inhalte prüfen. Des Weiteren sollten Plattformen veröffentlichen, wie viele Moderatorinnen und Moderatoren sie beschäftigen. Schulungen zu geschlechtsspezifischem Hass und Silencing müssen für sie verpflichtend sein.

Es gibt noch viel zu tun. Wir dürfen bei den Problemen im digitalen Raum nie vergessen, dass diese nicht unabhängig von der analogen Welt passieren. Unser Justizwesen muss dafür gewappnet sein. Wir brauchen einen starken und modernen Rechtsstaat, der Opfer auch im digitalen Raum schützen kann. Hier sind vor allem die Länder in der Pflicht nachzubessern. Forderungen nach schärferen Gesetzen oder die alleinige Adressierung der Plattformen greifen zu kurz, denn das Problem ist umfassend. Frauenhass und die Herabwürdigung von Frauen sitzen in unserer Gesellschaft noch tief. Gehen wir es an!

Dieser Gastbeitrag erschient zuerst im Tagesspiegel (online und print) zusammen mit Maren Jasper-Winter am 25. November 2020.

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Am Datenschutz scheitert die Corona-Bekämpfung nicht

Den Datenschutz lockern, um den Gesundheitsschutz zu stärken? Bei der Corona-Warn-App wird eine ritualisierte Debatte entlang der bekannten Lager geführt. Die wichtigen Fragen werden dabei meistens ausgeklammert: Was kann die App leisten? Wo liegen die Probleme und welche Daten brauchen wir, um die gewünschten Ziele zu erreichen? Zusätzlich wird die Debatte geführt, als würde die App im luftleeren Raum handeln, als würde das Verhalten des Menschen irrelevant sein. Daten und Technologie haben aber generell nur einen Zweck: Sie müssen dem Menschen nützen. Sie sind Werkzeug zur Erreichung seiner Ziele, nie die Lösung selbst. Die bloße Forderung nach “mehr Daten” wird nicht als Selbstläufer zum Erfolg bei der Virusbekämpfung führen. Die Debatte braucht also mehr Substanz.

Der überbordende Datenschutz scheint laut einigen Politiker:innen und Kommentator:innen der Grund zu sein, der Deutschland davon abhält, Vorreiter der Digitalisierung zu werden und die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen. Doch sind es ausschließlich Daten, die in anderen Ländern der Schlüsselfaktor sind, mit dem die Pandemie in den Griff bekommen wurde? Taiwan und Südkorea werden hier gerne als Beispiele angeführt. Nur gilt selbst in hochtechnologischen Ländern: Daten handeln nicht alleine. Viel zu häufig wird beim Blick nach Ostasien vergessen, dass diese Länder eben nicht bloß auf Technologie setzen, sondern auch zahlreiche andere — meist ganz analoge — Maßnahmen eingesetzt haben, die zum erfolgreichen Umgang mit der Pandemie beigetragen haben. Dazu gehören einfacher mögliche Einreisekontrollen sowie die allgemein viel bessere Vorbereitung auf Pandemien aufgrund vorhandener Erfahrungen mit SARS-Viren.

Wichtig ist, beim Verweis auf andere Länder präzise zu benennen, welche Daten dort verwendet und welche bürgerrechtlichen Einschränkungen dafür in Kauf genommen wurden. Taiwan hat beispielsweise nicht auf Tracking- oder Tracing-Apps gesetzt. Die Einhaltung der Quarantäne wurde über das Mobilfunknetz kontrolliert. Allerdings wurden in Taiwan auch digitale Zugänge zu Daten bereitgestellt, mit denen die Zivilgesellschaft hilfreiche Anwendungen entwickeln konnte. Zum Beispiel, wie viele Masken in der Apotheke in der Nachbarschaft noch vorrätig sind oder Visualisierungen über die Menge der ausgelieferten Masken. Solche Daten und Informationen — möglich gemacht durch Civic-Tech-Anwendungen — finden in Deutschland, wenn wir über die Nutzung von Daten bei der Eindämmung der Pandemie sprechen, quasi keine Beachtung (Stichwort: WirVsVirus). Die Debatten über Daten dürfen daher nicht lediglich darum gehen, ob wir viel oder wenig Datenschutz brauchen, sondern wo der Mensch sinnvolle Informationen aufgrund von Daten bekommen kann, bzw. braucht, um sein Verhalten zu ändern, sodass das Virus sich nicht weiter verbreiten kann.

Südkorea hat zahlreiche weitere Daten genutzt, um die Verbreitung des Virus einzuschränken — eben nicht nur Daten aus einer Tracking-App. Diese wurden angereichert mit Daten aus Überwachungskameras oder über Finanztransaktionen. Wer dies auch für Deutschland fordert, sollte sich bewusst sein, dass wir hier gar nicht so viele Kameraaufnahmen haben, die wir nutzen könnten — zum Glück! Auch ist in Deutschland Bargeld noch immer beliebter als das digitale Bezahlen. Die benötigten Daten für das Vorbild Südkorea wären also gar nicht in dem Ausmaß vorhanden, in dem man sie benötigen würde. Der Ruf nach mehr Daten und weniger Datenschutz verkennt daher, dass Daten auch generiert werden müssen und nicht plötzlich da sind, nur weil der Datenschutz gelockert wird. Hinzu kommt, dass gerade durch solche massiven Datensammlungen womöglich viel mehr Menschen so handeln würden, dass diese Daten nicht mehr von ihnen generiert werden würden. Statt mit der Kreditkarte, würden sie wieder bar bezahlen. Die Lockerung des Datenschutzes würde also ins Leere laufen.

Natürlich darf es bei dem Einsatz von Technologie zur Pandemiebekämpfung nicht nur um den Datenschutz gehen. Es ist klar, dass der Gesundheitsschutz äußerst wichtig ist und dass es eine angemessene Abwägung zwischen diesem und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geben muss. Nur: Es gibt seit dem Beginn der Debatte äußerst kluge und innovative Vorschläge, wie genau beides in Einklang gebracht werden kann. Aus einem entstand die App, wie wir sie heute nutzen. Ein datenschutzfreundliches und Privatsphäre schonendes Konzept, das die 20 Millionen Downloads und das Lob aus dem Ausland wohl erst möglich machte. Dass die Corona-Warn-App angeblich nicht funktioniere, liegt eher an der überfrachteten Erwartung an sie, die keine App je erfüllen könnte. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass es im Frühjahr gerne hieß, dass wir mit der App unsere Freiheit wiedererlangen könnten. Dabei wird aber verkannt, dass keine App vor einer Ansteckung schützt, sondern immer nur retrospektiv wirken kann und selbst dies nur dann, wenn eine Infektion mittels Test bestätigt wurde. Abstandhalten, Kontakte reduzieren und einen Mund-Nase-Schutz tragen wird also auch durch Technologie nicht obsolet.

Eine anderer kluger Vorschlag ist die Entwicklung einer Cluster-Erkennung für die Corona-Warn-App — ebenfalls datenschutzkonform und Privatsphäre schonend. Doch dieser findet kaum Erwähnung bei denen, die weniger Datenschutz fordern und diesen als Schuldigen für das angebliche nicht-funktionieren der App anführen. Ebenso finden Probleme, die dringend einer Lösung bedürfen, wenig Gehör: die Digitalisierung der Gesundheitsämter an sich, fehlende Schnittstellen (Stichwort: Datenübermittlung per Fax an das RKI) oder fehlende Informationskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Noch heute scheitern zu viele Ärztinnen und Patienten daran, das Testergebnis in die eigene Corona-Warn-App übermitteln zu lassen, damit andere gewarnt werden können, da ihnen nicht bekannt ist, dass unbedingt ein Kreuzchen auf dem Formular für das Labor gesetzt werden muss, das die Übermittlung des Ergebnisses in die App erlaubt. Statt mit einem Zwang zur Freigabe zu arbeiten und damit womöglich noch weitere Nutzer:innen der App zu verlieren, sollte an der Aufklärung der Menschen gearbeitet werden, sodass sie eine freiwillige, aufgeklärte Entscheidung treffen können, beziehungsweise auf das Setzen des Kreuzes hinweisen können. Hier liegen die Potenziale. Denn wir brauchen mehr Nutzer:innen der App.

Unsere Debatten brauchen mehr Substanz. Gerade, weil es um den Schutz von Menschenleben und einer Abwägung von Grundrechten geht brauchen wir mehr technologischen Sachverstand, mehr Fokus auf Prozesse und deren Optimierung. Blinder Technologieglaube führt nicht nur nicht zu den bestmöglichen Lösungen, er ist schlimmstenfalls sogar Steigbügelhalter für eine tiefgreifende digitale Überwachung. Der bloße Ruf nach mehr Daten und weniger Datenschutz wird keinen Erfolg bringen — schon gar nicht, wenn weder benannt werden kann, was für Daten gebraucht werden noch wie diese generiert und verarbeitet werden können. Daten schützen nicht vor einem Virus. Aus Daten gewonnene Informationen können dazu beitragen, dass Menschen ihr Verhalten ändern. Und schlussendlich kommt es genau darauf an, dass Menschen Informationen über das Virus und seine Verbreitungswege ernst nehmen und ihr Verhalten dadurch ändern. Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, wird uns auch ein gelockerter Datenschutz nicht vor dem Virus schützen.

Dieser Text erschien zuerst auf freiheit.org.

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Auszeichnung „Junge Elite“ Top 40 unter 40 des Capital Magazins

Es ehrt mich sehr, auf der #Top40unter40 „Junge Elite 2020“ Liste des Capital Magazins zu sein. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass Bürgerrechte im Digitalen kein Nischenthema sind, sondern in die Breite getragen werden.
Die Auszeichnung zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Denn Bürgerrechte gehen uns alle an – jeden Tag. Wir alle müssen dazu beitragen, dass wir eine lebenswerte Zukunft gestalten. Und dazu gehört eben auch der digitale Raum. Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit. Sie erhalten wir nur, wenn wir uns für Verschlüsselung, informationelle Selbstbestimmung, gegen Hate Speech und so vieles anderes einsetzen.

In den letzten zweieinhalb Jahren als Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik habe ich so viel wie nie zuvor in meinem Leben gelernt. Über mich, aber auch an Inhalten. Bei all denen, deren Beitrag zu meiner Arbeit viel zu oft ungesehen ist, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Meine LOADies und Freund:innen, die ihre Zeit investieren, um mir Dinge zu erklären, meine Ideen zu challengen oder die einfach nur miteinander diskutieren und ich durch stilles zuhören oder lesen wahnsinnig viel mitnehmen kann. Ich danke Euch von Herzen!

Glückwünsche auch an alle anderen Ausgezeichneten. Die Liste gibt es hier.

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Die EU reagiert auf neuste Terroranschläge mit noch mehr Überwachung

Die EU reagiert auf neuste Terroranschläge mit noch mehr Überwachung

Erst der Schock — dann die Panikreaktion. Die abscheulichen Anschläge in Paris, Nizza und Wien lassen die EU in leider gut bekannte Handlungsmuster verfallen: Auf Terror wird mit Einschränkungen unserer Freiheit reagiert, die angeblich mehr Sicherheit bringen. Wie nun bekannt wurde hat der Ministerrat eine Initiative vorbereitet, die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messengerdiensten wie WhatsApp oder Signal aufweichen soll. Unter der deutschen Ratspräsidentschaft wird damit nicht nur noch weiter in unsere Grundrechte eingegriffen. Es wird auch die weltweite IT-Sicherheit unter dem Vorwand des Kampfs gegen den Terror aufs Spiel gesetzt.

“Sicherheit durch Verschlüsselung, Sicherheit trotz Verschlüsselung”, forderte schon der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sorgte damit für viel Entsetzen bei Bürger- und Menschenrechtlern und IT-Expertinnen. Der gestern bekanntgewordene Vorstoß des Ministerrats folgt genau dieser Losung: Die Betreiber von Messengerdiensten sollen dazu verpflichtet werden, einen Generalschlüssel für den behördlichen Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation zu hinterlegen. Genutzt werden soll offenbar die “Exceptional Access”-Methode des britischen Geheimdienstes GCHQ. Dies bedeutet aber, dass die sichere und verschwiegene Kommunikation von uns allen in Gefahr ist. Denn entgegen Verlautbarungen, dass diese Überwachung nur potenzielle Terrorist:innen beträfe, öffnet sie vielmehr ein Einfallstor für jegliche Cyber-Kriminelle oder Spione. Wir erinnern uns: selbst die NSA war nicht in der Lage, ihre genutzten Sicherheitslücken geheim zu halten. Weltweite Cyberattacken (Stichworte: WannayCry und NotPetya) mit Schäden in Milliardenhöhe und die Gefährdung von Menschenleben waren die Folge.

Abgesehen davon, dass Regulierungen dieser Art Auswirkungen auf die Nutzung von Technologie in der ganzen Welt haben, ist die Resolution des Ministerrats eine Einladung an autokratische Herrscher es der Europäischen Union gleichzutun und die Kommunikation ihrer Bürger:innen mitzulesen. Es darf nicht vergessen werden: Privatsphäre ist ein Menschenrecht, das auch in der europäischen Grundrechtecharta verankert ist. Wollen wir andere von unseren Werten überzeugen, so müssen wir hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Aber auch das ewige Mantra, dass zusätzliche Überwachungsbefugnisse einen entscheidenden Beitrag zur Verhinderung solcher Terroranschläge beitragen muss endlich ernsthaft infrage gestellt werden. Seit mehr als 20 Jahren, spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001, wird die diffuse Angst der Menschen dazu ausgenutzt immer neue Eingriffsbefugnisse durchzusetzen. Trotzdem sehen wir uns im Jahr 2020 einer noch komplexeren Sicherheitslage gegenüber und haben noch nicht einmal den Ansatz einer Vorstellung davon, was diese Zugriffsrechte überhaupt genau bringen und wofür wir unsere Freiheiten eingeschränkt haben.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sagte erst kürzlich wieder: Das für eine Demokratie erträgliche Maß an Überwachung ist bereits überstiegen! Trotzdem soll in Deutschland und der EU die verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt werden, die Geheimdienste dürfen nun auch offiziell per Staatstrojaner schnüffeln, die neue EU Anti-Terror-Verordnung soll über Uploadfilter funktionieren und die regelmäßige Evaluierung von Sicherheitsgesetzen, die nach dem 11. September 2001 verabschiedet wurden, wurde gerade vom Bundestag aufgehoben.

Der entsetzliche Terroranschlag in Wien hätte verhindert werden können, wenn Sicherheitsbehörden mit den Informationen von Geheimdiensten, die ihnen vorlagen, gearbeitet hätten und diese ernst genommen hätten. Wie so häufig. Es gab auch hier, keinen Mangel an Befugnissen und Information. Wir sehen immer wieder, dass klassische Polizeiarbeit einer gut organisierten und vor allem personell gut ausgestatteten Truppe die größten Erfolge im Kampf gegen den Terror bringen.

Wir sind also auf einem falschen Weg im Kampf um mehr Sicherheit. Unter deutscher Führung scheint die EU diesen nun fortzusetzen. Sie droht dabei aber nicht nur ihre Grundwerte aufzugeben. Sie fällt auch all jenen Menschen in den Rücken, die sich weltweit für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Die Demonstranten, die in Hongkong oder Belarus gegen autokratische Herrschaft, Überwachung und Unterdrückung kämpfen und ihre Freiheit und ihr Leben aufs Spiel setzen, sind angewiesen auf sichere und integre Kommunikation. Die EU kann sich nicht einerseits mit ihnen solidarisieren und ihnen im gleichen Zug die Grundlage für ihren Einsatz entziehen.

Dieser Text erschien gemeinsam mit Dr. Maximilian Spohr zuerst auf freiheit.org.

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