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Gastbeitrag in der WAMS: Die EU-Kommission bedroht unsere Freiheit im Netz

Den folgenden Gastbeitrag habe ich zusammen mit der stv. LOAD Vorsitzenden Teresa Widlok für die Welt am Sonntag verfasst. Dort erschien er am 29. Mai 2022, bzw. in der Frühausgabe vom 28. Mai 2022.

Tempolimit, Veggie-Day, Genderstern – an vielen Stellen sehen wir Deutsche unsere Freiheit, um die wir so leidenschaftlich ringen, bedroht. Allzu oft endet das in leichtliberalen Schlagwortdebatten. Doch an einer Stelle, an der unsere Freiheitsrechte so massiv bedroht sind wie selten zuvor, ist es auffallend still: Mit der sogenannten Chatkontrolle hat die Europäische Kommission einen Gesetzentwurf vorgelegt, der unsere Kommunikationsfreiheit, unser digitales Briefgeheimnis und unsere Privatsphäre im Kern erschüttern wird.

Sollte der Entwurf verabschiedet werden, dürfte die EU-Kommission Kommunikation im Internet umfassend kontrollieren: Sämtliche Nachrichten und andere Inhalte könnten überwacht werden. Dadurch möchte die EU-Kommission Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendlichen finden. Mit der Intention, Kindesmissbrauch zu verhindern, schafft die EU-Kommission damit aber den krassesten Fall anlassloser Massenüberwachung, den wir seit der NSA-Affäre erleben.

Nur sind es dieses Mal nicht fremde Geheimdienste, die uns bespitzeln, es ist die Europäische Union. Und selbst Kinderschutzorganisationen bezeichnen den Vorschlag zur Chatkontrolle wegen der flächendeckenden Scans privater Kommunikation als unverhältnismäßig.

Von Massenüberwachung ist im Kommissionsentwurf wortwörtlich natürlich nicht die Rede. Die „Verordnung zur Prävention und Bekämpfung der Verbreitung von Kindesmissbrauchsdarstellung“ spricht stattdessen lieber von Möglichkeiten, bestimmte Inhalte in digitalen Diensten zu erkennen und zu entfernen.

Dabei geht es nicht nur um Chats, die auf Messengern oder über Direktnachrichten geführt werden – verschlüsselt oder unverschlüsselt. Sondern auch um E-Mails, Chatnachrichten in Online-Games oder Inhalte in App Stores und bei Hosting-Anbietern jeglicher Art, wie zum Beispiel Inhalte in der Cloud.

All diese Anbieter sollen auf Anordnung automatisch bereits bekannte oder neue Darstellungen von Kindesmissbrauch durch das konstante Scannen von Nachrichten entdecken. Auch Text soll durchleuchtet und ausgewertet werden, um Grooming zu erkennen – die Kontaktaufnahme von Erwachsenen mit Minderjährigen, um sexuellen Missbrauch anzubahnen.

Fehlerquote von zwölf Prozent

Es ist allerdings völlig unklar, wie das technisch und im Detail funktionieren soll. Wie kann man bei Bildern unterscheiden, ob es sich um Strandfotos eines Kindes handelt, die aus dem Sommerurlaub in die Familien-WhatsApp-Gruppe gepostet werden – oder um Kinderpornografie? Zwischen Urlaubsfotos, auf denen Kinder nackt am Strand rumlaufen, und Kinderpornografie ist oft ein schmaler Grat. Oder wie bei Textnachrichten, ob es sich um einvernehmliches Sexting zwischen zwei 16-Jährigen handelt – oder um Grooming? Diese fundamentalen Fragen sind ungelöst.

Ohne eine weitreichende Identifizierungspflicht aller Kommunikationsteilnehmer und genaues Wissen um den Kontext, in dem ein Bild verschickt wird, liegt auch der beste Filter oder Scanner in zu vielen Fällen daneben. Der von der EU-Kommission selbst zitierte Industriestandard geht bei der Texterkennung von einer Fehlerquote von zwölf Prozent aus. Bei Milliarden von täglich versendeten Nachrichten summiert sich das schnell.

Debatten im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit finden selten auf einer objektiven Basis statt. Die Frage, ob wir mehr Freiheit oder mehr Sicherheit gewährleisten wollen oder können, lässt sich nie vollständig zufriedenstellend für beide Seiten lösen. Doch die Fraktion der Sicherheitslogik hat es mit diesem Gesetzentwurf übertrieben.

Zwar wird von allen Seiten beteuert, dass verschlüsselte Kommunikation weiterhin verschlüsselt bleiben darf. Private Kommunikation ist aber immer privat, egal ob verschlüsselt oder nicht. Digitale Bürgerrechte sind keine Bürgerrechte zweiter Klasse – auch nicht das digitale Briefgeheimnis. Der Staat dampft schließlich auch keine Briefe auf oder hört massenhaft Telefongespräche ab.

Netzaktivisten wird vorgehalten, es gehe ihnen lediglich um die Privatsphäre und nicht um den Schutz von Kindern. Das ist unfair. Auch, weil die drei üblichen sicherheitspolitischen Narrative für beide Seiten gelten können. Das erste Narrativ: Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Das bedeutet, dass natürlich das Strafrecht gilt, aber ebenso Freiheitsrechte. Das Zweite: Was im Analogen gilt, muss auch im Digitalen gelten. Das Briefgeheimnis gilt also sowohl auf dem Postweg als auch im Internet.

Das Dritte: Sicherheitsbehörden müssen auf Augenhöhe mit Kriminellen agieren können. Anstatt also Ressourcen damit zu verschwenden, falschen Verdachtsmeldungen nachzujagen und bewegungsunfähig im Datenmüll zu ertrinken, sollten Sicherheitsbehörden präzise und effiziente digitale Hilfsmittel zur Verfügung stehen.

Die Meldungen der vergangenen Wochen, dass immer mehr Missbrauchsdarstellungen im europäischen Teil des Internets gefunden werden, lassen niemanden kalt. Netzaktivisten fordern daher schon seit Jahren, als solche erkannte Missbrauchsdarstellungen zu löschen, anstatt sie zu sperren und Webseiten lediglich mit einem Stoppschild zu versehen. Die Verbreitung von einmal im Netz befindlichen Bildern kann nur durch Löschen aufgehalten werden.

Es geht auch ohne neue Befugnisse

Bei aller Faszination für Technologie und der Hoffnung, dass diese gesellschaftliche Probleme löst, darf die klassische Ermittlungsarbeit nicht vergessen werden. Prominent ist etwa der Fall, den die spezielle Polizeiermittlungsgruppe „Berg“ seit Oktober 2019 in einem weitverzweigten Missbrauchskomplex ermittelt hat. Im Haus eines Mannes aus Bergisch Gladbach waren damals Unmengen kinderpornografischer Daten gefunden worden. Durch ihn stießen die Ermittler auf weitere Täter, die im Netz Videos und Abbildungen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs austauschten.

Diese Erfolge zeigen, wie handlungsfähig Ermittlungsbehörden auch ohne neue Befugnisse und Meldepflichten sind. Hierfür muss Technologie flächendeckend eingesetzt werden, um etwa bei der psychisch äußerst anspruchsvollen Ermittlungsarbeit zu unterstützen und zu entlasten. Denkbar sind etwa KI-gestützte Tools zur Auswertung von Bildmaterial oder der Erkennung von Netzwerken.

Zu all dem schweigt der Kommissionsentwurf. Stattdessen stellt er private Kommunikation umfassend infrage – und um diesen Kern sollte unsere Freiheitsdebatte kreisen. Denn unsere Freiheitsrechte sind wirklich in Gefahr.

Ann Cathrin Riedel ist Vorsitzende und Teresa Widlok stellvertretende Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik.

Dieser Gastbeitrag erschien zuerst im Print der Welt am Sonntag am 29. Mai 2022 und später online auf welt.de

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Berufung in den Digitalrat Sachsen-Anhalt

Ich freue mich außerordentlich, am 19. Mai 2022 von Ministerin Dr. Lydia Hüskens in den Digitalrat des Landes Sachsen-Anhalts berufen worden zu sein. Die ehrenamtliche Tätigkeit werde ich in für die nächsten zwei Jahre zusammen mit den anderen berufenen Mitgliedern ausüben und die Ministerin, als auch den Staatssekretär und CIO, Bernd Schlömer, beraten.

Mehr zum Rat in der Pressemitteilung des Ministeriums.

Fotos: MID/Viktoria Kühne

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Cybersecurity 2022 – Diskussion bei der OMR

Rund 70.000 Besucherinnen und Besucher besuchten 2022 die Online Marketing Rockstars Konferenz auf dem Gelände der Hamburger Messe. Auf der zweitgrößten Bühne der Konferenz, der Red Stage, wurde dem Thema Cyber Security dieses Jahr Platz eingeräumt. Vor mehreren tausend Zuschauerinnen und Zuschauern konnte ich das Thema mit Sven Weizenegger, CEO des Cyber Innovation Hub der Bundeswehr, Andreas Dondera, Head of the Cybercrime Central Contact Point, Polizei Hamburg und Niklas Hellemann, Geschäftsführer, SoSafe, diskutieren.

Fotos: Felix Sauerbrey/OMR

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Gastbeitrag: Plädoyer für eine wertebasierte Digitalisierung: Resilienz gegen Hatespeech und Trolle

Soll ein Milliardär wie Elon Musk Twitter alleine besitzen dürfen? Welche Macht hat Facebook über den öffentlichen Diskurs und welche Rolle spielt TikTok in Wahlkämpfen? Wir diskutieren in Politik und Gesellschaft häufig über den Einfluss privatwirtschaftlicher Unternehmen auf den öffentlichen Diskurs und die Demokratie im digitalen Raum. Dabei gerät es oft in den Hintergrund, dass wir als demokratische Staaten die Macht haben, diese Plattformen zu regulieren und uns damit für ein offenes, freies und menschenrechtsbasiertes Internet einzusetzen. 

Wie notwendig eine wertebasierte Digitalisierung ist, zeigen uns vor allem der russische Angriffskrieg in der Ukraine sowie die Ereignisse in Belarus und Hongkong. Dort gehören staatliche Desinformationskampagnen, Internet-Shutdowns und Netzsperren sowie digitale Überwachung zu den staatlichen Repressionen, die die Bürgerinnen und Bürger dieser autoritären Regime in ihren eigenen Ländern erfahren. Die Einschränkungen von Bürgerrechten im digitalen Raum haben nicht nur Folgen für die eigene Bevölkerung, sondern weit über die Landesgrenzen hinaus. Folglich bedarf es eine international koordinierte Digitalpolitik, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Das Treffen der G7-Digitalminister:innen in Düsseldorf bietet eine hervorragende Plattform für die Abstimmung im Hinblick auf eine globale digitale Weltordnung.

Spätestens seit der Bundestagswahl 2017 diskutieren wir hierzulande die Gefahr, die von Desinformationen ausgeht. Obgleich wir uns bewusster werden, sind wir uns der Gefahren durch gezielte staatliche Desinformationskampagnen und strategische Informationskampagnen noch immer nicht genügend bewusst – geschweige denn dagegen gewappnet. Dennoch wirken wir als Politik und Zivilgesellschaft beständig daraufhin, dass Social-Media-Plattformen sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Wir fordern, dass sie Maßnahmen gegen solche Kampagnen ergreifen und beispielsweise gezielt Netzwerke, die diese Desinformationen verbreiten, ausschalten oder dafür sorgen, dass ihre Algorithmen Desinformationen nicht weiter verbreiten. Wir sind mit den rechtlichen Vorgaben, zum Beispiel durch den Digital Services Act (DSA), noch ganz am Anfang. Doch der bisherige politische und gesellschaftliche Druck zeigte bereits Wirkung und Besuche der Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen in europäischen Parlamenten taten ihr Übriges. 

Als Europäer:innen haben wir das Glück, dass wir aufgrund unserer wirtschaftlichen Relevanz und unseres politischen Gewichts bei diesen Plattformen Gehör finden und entsprechenden Druck ausüben können – nicht nur durch Gesetzgebungen. In Ländern wie Myanmar, Äthiopien oder ganz aktuell den Philippinen, sieht dies leider anders aus. Nicht nur, dass hier seit Jahren Desinformationen, Hate Speech und Trollnetzwerke einen demokratischen Diskurs im Digitalen vollkommen unmöglich machen und dies vor allem autoritären Herrschern und Regimen in die Hände spielt. Schlimmer noch: solche​​ Desinformationen und unkontrollierte Hasssprache schürt und verschärft bestehende Konflikte – bis hin zum Genozid, wie an den Rohingya in Myanmar. All dies passiert auch, weil Plattformen weder auf die dort gesprochenen Sprachen ausreichend trainierte algorithmische Systeme haben, die schädliche Inhalte erkennen und vorsortieren könnten – ein Thema, das auch bei uns in Europa mit unseren vielen kleinen Sprachen von höchster Relevanz ist. Noch beschäftigen sie ausreichend Content-Moderator:innen, die die betreffenden Inhalte entsprechend bewerten und nach den eigenen Community-Richtlinien entfernen könnten. Es sollte in unserem Interesse sein, dass Plattformen nicht nur ihre eigenen Standards weltweit durchsetzen, sondern sich auch für den Schutz von Menschenrechten in ihren Netzwerken einsetzen. Das kann durch legislativen Druck, wie den DSA gehen, der hoffentlich global wirken wird. Das muss aber auch durch gesellschaftlichen Druck passieren. Welche realen Auswirkungen Desinformationen und Hate Speech haben kann, können wir hierzulande nicht nur intensiv seit der Corona-Pandemie sehen. Wir sehen es auch ganz deutlich seit der russischen Besetzung der Krim bis hin zum immer noch andauernden Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine in unserer unmittelbaren Nachbarschaft.  

Russland fördert und verbreitet gezielte Desinformationen und Verunsicherung im Ausland und damit auch bei uns. Eine der größten Fehden im Informationskrieg wird allerdings gegen die eigene Bevölkerung geführt: nebst der Staatspropaganda aus der Duma soll die russische Bevölkerung möglichst keine faktenbasierten Informationen bekommen. Das Putin-Regime zensiert nicht nur die freie Presse, sondern auch ganz das Internet. Facebook und Instagram sind verboten, Twitter ist gesperrt, der Kurzvideodienst TikTok ist in Russland auf dem Vor-Kriegsstand eingefroren. Das russische Regime bereitet schon seit Jahren weitreichendere Maßnahmen vor:  Der Kreml versucht ein eigenes russisches Internet zu kreieren und das Land vom weltweiten offenen und freien Internet abzukapseln. Das gelingt Russland nicht so durchgreifend wie China, das mit seiner Great Firewall die eigene Bevölkerung seit Jahren erfolgreich vom Rest der Welt abschirmt und jegliche Kommunikation, insbesondere Kritik an der Kommunistischen Partei, zensiert. Kritiker:innen werden in Windeseile identifiziert, aufgespürt – und verschwinden. 

Beide Staaten treiben die Zersplitterung des Internets, das sogenannte “Splinternet” intensiv voran. Doch die staatliche Kontrolle des Internets und der digitalen Inhalte ist kein Alleinstellungsmerkmal von autoritären Regimen, die damit das Ziel verfolgen, ihre Bevölkerung komplett zu überwachen. Zu häufig lassen sich demokratische Staaten – auch die Europäische Union – dazu verleiten, Überwachungstechnologien zur Durchsetzung vermeintlich edler Motive zu adaptieren. Nicht umsonst wurden Digitalgesetze auch aus Europa vom früheren UN-Sonderberichterstatter für Meinungsfreiheit, David Kaye, scharf kritisiert, was hierzulande allerdings nur auf wenig Gehör stieß. Wenn unser Interesse eine wertebasierte Digitalisierung ist, müssen wir solche Kritik künftig ernster nehmen, um ein Vorbild sein zu können. Denn auch liberale Demokratien sind nicht davor gefeit, Freiheits- und Menschenrechte stückchenweise, und häufig unbemerkt, zu beschränken.

Die Bundesregierung hat sich in den Koalitionsvertrag geschrieben, dass sie sich für eine aktive digitale Außenpolitik und ein offenes, globales Internet einsetzen will. Damit zeigt die Ampelkoalition, dass sie erkannt hat, dass wir nicht nur Interessen im digitalen Raum haben, sondern diese auch aktiv vertreten werden müssen. Das G7-Digitalminister:innentreffen in Düsseldorf unter der deutschen Präsidentschaft kann nur ein Auftakt sein, um hier als Politik und Gesellschaft entschlossener und strategischer vorzugehen. Der Krieg gegen die Ukraine und die Abstimmungen bei den UN zeigen deutlich, dass Abhängigkeiten gegenüber autoritären Regimen etwas entgegengesetzt werden muss – auch im Digitalen. Das Engagement der G7 oder jener demokratischen Staaten, die jüngst die Erklärung für die Freiheit des Internets unterschrieben haben, ist dafür unerlässlich. Doch schlussendlich braucht es eine Allianz gegen den “digitalen Autoritarismus”, die die Länder des Globalen Südens einschließt und deren Interessen berücksichtigt. Daher ist es sinnvoll – bei aller notwendigen Kritik an der Modi-Regierung – dass Bundeskanzler Olaf Scholz gerade Indien zum G7-Gipfel im Juni auf Schloss Elmau eingeladen hat. 

Das Treffen der Digitalminister:innen der G7 muss deutlich machen, dass wir die Gefahr des “digitalen Autoritarismus” ernst nehmen und wir erkennen, dass es nicht nur unser Interesse, sondern auch unsere Verantwortung ist, in Zusammenarbeit mit Partnern des Globalen Südens einen vertrauenswürdigen, sicheren und gleichzeitig offenen und freien digitalen Raum zu kreieren, von dem alle wirtschaftlich und gesellschaftlich profitieren können. Daher ist es richtig, dass im Digital Track der G7 ein Fokus auf die Konnektivität und den fairen Wettbewerb gelegt wird, der Cyber-Kapazitätsaufbau vorangetrieben und Ungleichheiten wie dem “digital divide” entgegengewirkt werden soll. Damit einhergehend ist wichtig, dass der sichere grenzüberschreitende Austausch von Daten gerade mit den Ländern des Globalen Südens möglich gemacht wird. Der Stärkung eines verantwortlichen Verhaltens von Staaten im Cyberraum kommt dieser Tage nochmals eine besondere Bedeutung zu. 

Eine Zeitenwende verlangt, dass Deutschland eine neue Rolle in der Welt einnimmt. Dass wir stärker global Verantwortung übernehmen und uns sowohl dieser, als auch unserer eigenen Interessen bewusst sind. Wir mögen noch eine Weile über uns selber spotten, dass das Internet für uns “Neuland” wäre. Aber das ist es schon längst nicht mehr. Deutschland und die Europäische Union gelten als Vorreiter bei der digitalen Gesetzgebung – die Europäische Datenschutzgrundverordnung baute auf dem deutschen Bundesdatenschutzgesetz auf, der DSA lernte vom deutschen NetzDG (und wiederholt nicht dessen Fehler) und vom Medienstaatsvertrag. Wir müssen im Interesse aller dazu einladen, gemeinsam für einen besseren – das heißt freien, offenen, demokratischen und menschenrechtsbasierten – digitalen Raum einzutreten. Frei von Überwachung und Zensur. Denn all das ist die Grundlage für Demokratien heute und morgen. Dass die Menschen weltweit danach verlangen und streben, sehen wir an den bewundernswerten Menschen in Hongkong, Belarus und der Ukraine. Demokratie ist uns nicht gegeben, sie ist uns aufgegeben. 

Tobias B. Bacherle MdB ist Obmann für Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Ausschuss für Digitales.

Armand Zorn MdB ist Mitglied für die SPD im Ausschuss für Digitales.

Ann Cathrin Riedel ist FDP-Mitglied und Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik. 

Dieser Gastbeitrag erschien zuerst bei watson.

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ICANN lehnt Antrag der Ukraine auf Sperrung russischer Internet-Domains ab

Forderungen nach dem Abschalten des Internets oder einzelner Plattformen klingen regelmäßig verlockend. Doch ebenso regelmäßig muss ihnen dringend Einhalt geboten werden. Die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) hat mit der Zurückweisung des Wunsches nach dem Ausschluss Russlands aus dem Internet richtig reagiert. Die Internet Governance muss liberale Demokratien künftig stärker interessieren.

Russland muss aus dem Internet ausgeschlossen werden, damit Propaganda und Desinformation aus Russland Einhalt geboten werden kann. Diese Forderung stellte der ukrainische Minister für digitale Transformation und stellvertretender Premierminister, Mykhailo Fedorov, an die ICANN, die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers. Eine Forderung, die auf den ersten Blick logisch und nachvollziehbar klingt, schließlich nutzt der Kreml das Internet, um Cyberangriffe zu lancieren und seine Propaganda zu verbreiten. Diese gezielten Maßnahmen der russischen Regierung sind nicht erst seit dem brutalen Angriffskrieg auf die Ukraine bekannt. Doch die Auswirkungen sind seit dem 24. Februar spürbarer. Auf den zweiten Blick wäre es dennoch falsch, der Forderung des ukrainischen Ministers nachzukommen. Göran Marby, der Präsident der ICANN, hat das Anliegen aus der Ukraine aus nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. 

Marby wies in einem Antwortschreiben auf die Neutralität der ICANN hin und beteuerte zugleich, dass sowohl er als auch die ICANN an der Seite der Ukrainerinnen und Ukrainer stehen. Neutralität wahren in einem brutalen Angriffskrieg – das klingt zynisch. Doch schaut man genauer hin, verhält sich die ICANN mit ihrer Entscheidung nicht neutral im Sinne einer egalitären Haltung. Vielmehr setzt sie sich mit ihrer Neutralität für ein offenes und freies Internet ein. Nur ein solches kann die Grundlage für ein Internet sein, das Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte achten und gewährleisten kann. Hätte sich die ICANN nicht neutral verhalten, hätte sie den Bestrebungen autoritärer Regime – allen voran China und Russland – Vorschub geboten, eigene, überwachte „Internets“ weiter zu befördern und zu legitimieren. Das darf nicht passieren. Vielmehr müssen liberale Demokratien den geopolitischen Machtkampf im Digitalen stärker im Blick haben. Sie müssen sich endlich deutlich engagierter für die Freiheit des Internets einsetzen.

Die ICANN, die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, vergibt – wie ihr Name schon sagt – Namen und Nummern. Das heißt, sie kümmert sich um das Domainnamen System (DNS) und die IP-Adressen. Das DNS ist quasi das Telefonbuch des Internets und ermöglicht, dass der Mensch sich nur www.freiheit.org merken muss. Das DNS schlüsselt die dahinterliegende IP-Adresse, die „Telefonnummer” auf und leitet die Nutzerin auf die angewählte Webseite. Die ICANN ist auch für die Vergabe der Top-Level-Domains zuständig. Das heißt, die Vergabe der Ländercodes wie .de oder .fr, sowie die Vergabe der generischen Endungen wie .com, .org oder .gov. 

Die ICANN selbst ist eine unabhängige Nicht-Regierungsorganisation mit Sitz in den Vereinigten Staaten und nicht die „Weltregierung” des Internets. Sie ist weder rechtlich noch technisch in der Lage, das Internet einfach abzuschalten. Das liegt an dem dezentralen Aufbau des Internets in technischer Hinsicht, aber auch an der dezentralen Verteilung von Zuständigkeiten und Befugnissen. So vergeben gesonderte Organisationen in den einzelnen Staaten – in Deutschland die DENIC – nach den jeweiligen Gesetzen des Staates die Domains zur jeweiligen Länderkennung. So wenig die ICANN also bestimmen kann, wer eine .de-Domain nutzt, so wenig kann sie es bei denjenigen tun, die die russischen – .ru und .su – nutzen. Die ICANN sorgt lediglich dafür, dass eine dafür autorisierte Organisation – wie die DENIC – in einem Staat die Domains betreibt und verwaltet. Es handelt sich dabei um eine Dezentralisierung von Macht, damit die ICANN eben nicht eine etwaige „Weltregierung” des Internets ist. 

Selbstredend ist die Darstellung der Aufgaben der ICANN und der Funktionsweise des Internets hier sehr verkürzt und vereinfacht dargestellt worden. Sie sollte aber ausreichen, um den Antwortbrief des Präsidenten der ICANN besser verstehen und einordnen zu können. Ein Entziehen der .ru bzw. .su Kennungen würde nur dazu führen, dass die Webseiten hinter der Kennung nicht mehr ohne Weiteres aufrufbar wären. Alle Webseiten – auch die mit russischsprachigen Inhalten – die hinter einer generischen Kennung wie beispielsweise .com oder .org hinterlegt sind, hingegen schon. Auch bei deutschen Organisationen ist es üblich, solche Top-Level-Domains (zusätzlich) zu verwenden. Desinformation und Propaganda aus Russland bzw. russischsprachige Desinformation würde somit nicht Einhalt geboten werden. Vielmehr würde es dazu führen, dass Menschen noch früher von Informationsangeboten jeglicher Art abgeschnitten werden. 

In dem Brief weist ICANN-Präsident Marby abschließend darauf hin, dass die ICANN keinen Zugang zum Internet überwacht und auch keine Inhalte kontrolliert. Der Wunsch des ukrainischen Ministers, dass so Nutzerinnen und Nutzer vertrauenswürdige Informationen auf Webseiten anderer Top-Level-Domains, das heißt lediglich internationalen Domains finden würden, kann daher nicht erfüllt werden, da er auf falschen Annahmen beruht. 

Leider offenbart sich hier auch, welche nachhaltige katastrophale Wirkung die Erfüllung des durchaus verständlichen Wunsches aus der Ukraine hätte: Damit die russischen Internetnutzerinnen und -nutzer vertrauenswürdige Informationen bekommen können, muss die ICANN neutral bleiben. ICANN-Präsident Marby konstatiert zu Recht, dass jegliche andere Handlungen dazu führen würden, dass das Vertrauen in das Multistakeholder-Modell verloren ginge und damit die Maßnahmen, die für die Aufrechterhaltung des globalen Internets notwendig sind, keinen Rückhalt mehr haben würden. Dramatischer noch: Eine Umsetzung der Forderung des ukrainischen Ministers Fedorovs würde sogar dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände spielen und ihn in seinen Warnungen bestätigen, dass der Westen Russland aus dem Internet verbannen möchte. 

Dafür muss man einige Jahre zurückblicken: Diese kreierte Bedrohung, der Westen würde Russland aus dem Internet abschneiden wollen, ist schon mehrere Jahre alt. Sie war Grundlage für Putins Pläne, ein eigenes russisches Internet aufzubauen – gemeinhin auch RuNet genannt. Unter dem Vorwand, man müsse sich vor Cyberangriffen des Westens schützen, sorgte der Kreml für eine immense Überwachungsinfrastruktur innerhalb des russischen Staatsgebiets. Menschenrechtsexperten und Netzaktivistinnen warnten nicht erst 2019 lautstark vor diesen Plänen.

Dabei gab es diese Drohung nicht – schon gar nicht die Forderung, Russland oder irgendein anderes Staatsgebiet aus dem Internet auszuschließen (zumal das aufgrund der dezentralen Konstruktion des Internets auch nicht einfach so möglich wäre). Putin nutzte sie als Vorwand, um damit zu begründen, dass fortan jeder Datenverkehr über Knotenpunkte in Russland geleitet werden muss. Erst dieses Vorgehen ermöglicht es, den Datenverkehr zu filtern und zu überwachen. China macht es mit seiner „Great Firewall” vor – ist aber bis heute deutlich erfolgreicher in der Abschirmung und damit Filterung und Überwachung des Datenverkehrs seiner Bürgerinnen und Bürger. 

Zur Kontrolle der Russinnen und Russen gehörte auch die gesetzliche Vorgabe, dass Konzerne die Daten aller Staatsbürger in Russland zu speichern hätten. Konzerne wie Microsoft, zu dem die Business-Netzwerk-Plattform LinkedIn gehört, widersetzten sich der Vorgabe, weswegen LinkedIn bereits seit Jahren in Russland nicht mehr verfügbar ist. Auch die anderen großen Social-Media-Plattformen wie Facebook und Twitter hätten dieser Vorgabe folgen müssen, taten es aber nicht. Sie erhielten Ordnungsstrafen, die Zugänge wurden aber auf Basis dieses Gesetzes bisher nicht gesperrt. Aktuell ist der Zugang zu Twitter gedrosselt, so dauert es lange, die Seite zu laden. Facebook ist wie Instagram mittlerweile blockiert. 

Rückblickend muss festgestellt werden, dass die Maßnahmen des Kremls für ein eigenes russisches Internet und die damit einhergehenden Überwachungsmaßnahmen die Weltgemeinschaft hätte mehr interessieren und beunruhigen müssen. Die lang angelegten und umgesetzten Maßnahmen mit ihren heutigen Auswirkungen zeigen insbesondere zwei Dinge, die liberale Demokratien – allen voran Deutschland und die Europäische Union – jetzt deutlich ernster nehmen müssen:

  • Maßnahmen zur Internetzensur und -überwachung müssen konsequent adressiert und geächtet werden. Sie müssen viel stärker in den internationalen Beziehungen adressiert werden – ebenso wie Internetsperren. Deutschland und die Europäische Union müssen ein gutes Vorbild sein. Daher sind Vorschläge wie das Sperren des Messengerdienstes Telegram sowie jegliche gesetzlich vorgegebenen Filter abzulehnen.
  • Deutschland und die Europäische Union müssen sich für eine Stärkung des Multi-Stakeholder-Ansatzes bei der Internet Governance einsetzen und damit auch die Förderung des Internet Governance Forums der UNO bzw. die Verlängerung dessen Mandats, das 2025 ausläuft. Die aktuelle Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass sie sich für ein offenes, globales Internet einsetzen will und zudem die globale Zivilgesellschaft stärken möchte, die sich für digitale Bürgerrechte einsetzt. Diese Vorhaben sollte sie insbesondere ob der aktuellen Ereignisse zügig angehen. 

Die Internet Governance fristet ein Nischendasein, aus dem sie unbedingt heraus muss. Die vernetzte Gesellschaft und das Informationszeitalter erfordern dies dringend. Gerade weil Menschenrechte wie das Recht auf Informationsfreiheit gesichert werden können. Wie dringend notwendig dies ist, sehen wir in der aktuellen Situation. Die ICANN verhielt sich mit ihrem Bekenntnis zur Neutralität daher nicht gleichgültig, sondern manifestierte ihr Bekenntnis zu grundlegenden Prinzipien, die die Grundlage für ein freies und offenes Internet sind. Allein solch ein Internet ist in der Lage, Demokratie und Menschenrechte zu gewährleisten, allen voran das Recht auf Informationsfreiheit. 

Zersplittert das Internet, werden dessen Grundideale – die Freiheit von Information – beerdigt. Die Kontrolle des Internets würde zum Gegenteil führen: zu einer Informationshoheit und damit Zensur. Abspaltungen und Kontrolle über das Internet oder auch nur einzelne Bereiche, wie der Kreml sie noch deutlich stärker anstrebt und China sie bereits hat, um zu eben dieser Informationshoheit zu kommen, führen dazu, dass nicht mehr universelle Werte zur Grundlage des Internets und damit Grundlage für Transport und Bewertung von Informationen gemacht werden, sondern nationale, partikulare Interessen. Diese richten sich, wie wir aktuell und in zahlreichen anderen Beispielen sehen können, nicht zwingend an Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit aus.

Dieser Text wurde zuerst auf freiheit.org veröffentlicht.

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Expertinnen-Statement für den D21 Index 2021/22 zur Lage der digitalen Gesellschaft

Die Nutzung sozialer Medien durchdringt mittlerweile alle Teile der Gesellschaft und nimmt einen immer größeren Raum in unserer alltäglichen Kommunikation und Information ein. Doch Phänomene wie Hass, Hetze und gezielte Desinformationen dort stellen uns auch vor immense Herausforderungen. Eines ist klar: Tech-Konzerne brauchen Tech-Regulierung. Leider fokussieren wir uns in Deutschland bei der Diskussion um die Regulierung von Social-Media-Plattformen – insbesondere, um Maßnahmen gegen Hass und Hetze zu ergreifen – zu sehr auf die Inhalte. Natürlich sind Inhalte ein wichtiger Faktor. Sind sie es doch, die die Morddrohungen, Beleidigungen und rassistische Hetze transportieren.

Nur kommen wir niemals auf einen grünen Zweig, wenn wir uns ausschließlich mit der Regulierung von Inhalten beschäftigen. Sprache und Meinung sind nicht nur kompliziert – gerade, wenn es um die häufig diffizile Bewertung geht, was noch rechtmäßige Meinungsäußerung ist und was nicht. Es werden auch sekündlich viel zu viele Inhalte ins Netz gestellt, als dass wir sie alle adäquat prüfen könnten. Das heißt nicht – nochmal in aller Deutlichkeit –, dass uns diese Inhalte nicht kümmern sollten. Der Rechtsstaat muss unbedingt durchgreifen und VerfasserInnen müssen sich vor Gericht für ihre mutmaßlich rechtswidrigen Inhalte verantworten.

Warum daher der Fokus auf Tech­Regulierung?

Das Problem bei Social-Media-Plattformen ist vor allem, dass sie Hass und Hetze, Desinformationen und Verschwörungserzählungen durch ihre algorith- mischen Systeme verstärken und damit den Men- schen gezielt zuspielen. Zudem haben sie oftmals nur ungenügende Mechanismen, um die Rechte der NutzerInnen zu stärken, wenn Inhalte unrechtmäßig entfernt oder Accounts gesperrt wurden. Starre Fristen und Zeitdruck erschweren in Deutschland das sorgfältige Abwägen, bei welchen Inhalten und Accounts eine Blockierung legitim ist und wo nicht. So kommt es auch immer wieder zum sogenannten »Overblocking«. Das Reaktivieren solcher Beiträge oder NutzerInnen-Konten ist ein langwieriger und mühseliger Prozess. Deshalb brauchen wir gerade im Digitalen eine Gesetzgebung, die Strukturen, Prozesse und Verbraucherrechte in den Fokus nimmt.

Das wird der Digital-Service-Act (DSA), so scheint es gerade, gut umsetzen. Damit er kein zahnloser Tiger wird, ist es wichtig, dass wir uns in der gesellschaftlichen und politischen Debatte stärker mit ihm beschäftigen. Wer über notwendige Regulierung wegen Hass und Hetze auf Telegram und in sozialen Netzwerken spricht, darf daher das Gesetzeswerk aus Brüssel nicht ignorieren. Die Europäische Union wird mit dem DSA globale Standards setzen und im besten Falle darin unterstützen, dass sich weltweit Hass und Hetze weniger verbreiten.

Dieser Text erschien als Expertinnenstatement im D21 Index zur Lage der digitalen Gesellschaft der Initiative D21.

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Podcast mit Sascha Lobo zu digitaler Souveränität

Deutschlands bekanntester Blogger und Digitalexperte, Sascha Lobo, lud mich ein, um mit ihm und Jonas Rahe von Cisco über „digitale Souveränität“ zu sprechen. Die Folge seines Podcasts „Zukunft verstehen“ kann man sich hier anhören:

Spotify
Apple Podcasts

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Medienauftritte zu Telegram

Anfang 2022 war die Notwendigkeit eines effektiven Umgangs mit Telegram, insbesondere den dortigen illegalen Inhalten ein viel diskutiertes Thema in der deutschen Politik. Als FDP-Digitalpolitikerin und Vorsitzende von LOAD e.V. durfte ich in zahlreichen Fernseh- und sonstigen Medienbeiträgen dazu Stellung nehmen. Einige meiner wichtigsten Positionen:

TV Auftritt bei „Angeklickt“, WDR Aktuelle Stunde
  • Auf Telegram passiert Illegales, aber die weitaus überwiegende Nutzung ist sehr wahrscheinlich harmlos. Durch eine Sperrung von Telegram werden Menschen Kommunikationswege genommen, ich halte dies für nicht verhältnismäßig.
  • Sperrungen von Diensten werden vor allem von autoritären Staaten durchgeführt. Für einen Rechtsstaat und eine Demokratie ziemt sich so etwas nicht – wir wären damit auch ein schlechtes Vorbild.
  • Rechtsextremismus und Gewalt gegen Amts- und Mandatsträger:innen existiert nicht wegen Telegram. Es war bereits vorher da. Die Probleme, ebenso wie Antisemitismus und Rassismus, lassen sich nicht lösen, weil Telegram verschwindet. Hier muss klassische Sozialarbeit und Bildung ansetzen. Bei rechtswidrigen Inhalten muss der Rechtsstaat tätig werden. Da Journalist:innen illegale Inhalte finden können, muss auch die Polizei dazu in der Lage sein. Hierfür braucht sie Personal und sonstige Ressourcen.
  • Mit dem Digital Services Act werden wir ein Gesetz bekommen, durch den deutlich mehr Druck auf Anbieter wie Telegram ausgeübt werden kann. Diesem Gesetz aus der Europäischen Union sollten wir hier mehr Beachtung schenken.

Medienauftritte zum Thema (Auswahl)

  • SRF1 (09.02.2022): Immer mehr Hassbotschaften im Dark Social
  • Tagesthemen (29.01.2022): Anti-Corona-Demonstrationen: Wie kann Telegram kontrolliert werden?
  • ZAPP (20. Januar 2022): Digital Services Act: „Total krasses Vorhaben“(Video/TV)
  • Deutsche Welle (19. Januar 2022): Germany takes on Telegram to fight extremism
  • WDR Aktuelle Stunde (7. Januar 2022): Angeklickt: Der Hass-Messenger Telegram
  • Netzpolitik (16. Dezember 2021): Interview zu Telegram: „Netzsperren und Rausschmiss aus den App-Stores – das ist mir zu platt“
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Hintergrundgespräch mit Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen

Im Rahmen meiner Tätigkeit bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit hatte ich die Möglichkeit, die Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen während ihres Besuchs in Berlin für ein Hintergrundgespräch in die Stiftung einzuladen. Zu dem Hintergrundgespräch wurden zudem zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter aus NGOs, Ministerien, Wissenschaft und der Presse geladen.

Kurzer Bericht unter Einhaltung der Chatham-House-Regeln des Besuchs auf freiheit.org.

Bericht bei den Tagesthemen am 4. November 2021 mit Statement von mir.

Foto: Hendrik Wieduwilt

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Die schleichende Gefahr – Zum Umgang mit Desinformationen

Desinformationskampagnen – teilweise aus dem Ausland lanciert – zielen darauf ab, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie als solche zu zerrütten. Gerade in Wahlkampfzeiten wird das zum Problem. Ann Cathrin Riedel erklärt, wie der Staat und wir als Gesellschaft dem begegnen können – und wirft dabei auch einen Blick nach Asien.

„Für ein Land, in dem wir gut und gerne leben” – ist da auf einem Plakat der SED zum XI. Parteitag zu lesen. Hat die CDU etwa ihren Wahlkampfslogan zur Bundestagswahl 2017 ausgerechnet von der SED kopiert? Zumindest suggerierte das ein zusammengeschnittenes Bild beider Plakate, die vor der letzten Bundestagswahl im Internet herumgereicht wurde. Vielleicht haben Sie dieses Bild auch gesehen, vielleicht sogar weitergeleitet. Dabei sind Sie allerdings auf eine Desinformation hereingefallen. Denn das Bild ist manipuliert und nicht echt.

Fake News vs. Desinformation – über unbewusste Fehler und bewusst falscher Information

Desinformationen sind kein neues Phänomen. Sie waren auch 2017 nicht neu. Vielmehr waren Desinformationen und Propaganda schon immer Mittel der politischen Auseinandersetzung. Oder wie Hannah Arendt es in ihrem lesenswerten Essay Die Lüge in der Politik schrieb: „Wahrhaftigkeit zählte niemals zu den politischen Tugenden, und die Lüge galt immer als ein erlaubtes Mittel in der Politik.” Lügen, das ist etwas das man bewusst tut; ebenso wie das in die Welt setzen einer Desinformation. Deswegen sollte auch dieser Begriff dringend dem inflationär gebrauchten, undifferenzierten und zur Diskreditierung der freien Presse verwendeten Begriff Fake News vorgezogen werden. Denn fake beziehungsweise falsch können Informationen oder Nachrichten auch einfach durch Nachlässigkeit oder neuere Erkenntnisse sein. Fehler passieren den Besten. Nur: Fehler werden von Journalistinnen oder Politikern bestenfalls korrigiert. Schließlich gab es hier nie die Intention bewusst falsch zu informieren. Anders ist dies eben bei Desinformationen. Entweder werden Informationen bewusst gefälscht oder sie werden in falsche Zusammenhänge gestellt. Beides zielt darauf ab, Schaden zuzufügen: Sei es, um eine gesellschaftliche Spaltung herbeizuführen oder  einzelne Personen zu degradieren. Wenn wir etwas gegen Desinformationen unternehmen wollen – und das müssen wir! – ist es unerlässlich, dass wir die richtigen Begrifflichkeiten für diese Phänomene verwenden.

Lange vor dem diesjährigen Wahlkampf hätten wir etwas gegen die massenhafte Verbreitung von und Manipulation durch Desinformationen unternehmen müssen. Aber weder war der Druck auf die Unternehmen – vornehmlich soziale Medien und Messengerdienste, auf denen sie verbreitet werden – noch der Druck auf die Politik groß genug. Desinformationen sind nicht nur für Wahlen ein Problem. Sie erschüttern – und genau das ist ihr Sinn und Zweck – das Vertrauen in Institutionen, Parteien, ja die Demokratie als solche; und das schleichend und langfristig.

Verbote und mehr Bildung sind zu kurz gegriffen

Wer aber denkt, man müsse Desinformationen mit Verboten begegnen, der tut der Demokratie ebenfalls keinen Gefallen. Dies würde das Handeln autoritärer Staaten legitimieren, die in gleicher Weise  angeblichen Desinformationen begegnen wollen. So gefährlich Desinformationen auch sind: In der Regel sind sie nicht illegal. Natürlich kann man auch wieder die – sicherlich nicht falsche – Plattitüde von es braucht mehr Bildung aufsagen. Nur ist dies zum einen viel zu kurz gegriffen: Bildungsangebote richten sich zumeist nur an junge Menschen, die noch zur Schule gehen. Jedoch sind gerade Ältere eher empfänglich für Desinformationen, da sie ein gefestigteres Weltbild haben und Desinformationen genau diese häufig ansprechen. Zum anderen fehlen auch grundsätzliche Erkenntnisse in der gesellschaftlichen Debatte, ohne die eine holistische und nachhaltige Lösungsfindung nicht möglich sein wird. Ausgehend von der Annahme, dass Desinformationen nur ein Problem zu Wahlkampfzeiten sind, möchte ich dies im Folgenden anhand von drei Beispielen illustrieren.

Messengerdienste: Vertraute Umgebungen, aber keine vertrauenswürdigen Informationen

Ja, die sozialen Netzwerke sind ein Problem. Diese sozialen Netzwerke, insbesondere Facebook, Twitter und YouTube bemühen sich aber zumindest auf Basis ihrer immer wieder angepassten Gemeinschaftsstandards Desinformationen aus ihren Netzwerken zu verbannen. Insbesondere die Covid-19-Pandemie hat dazu beigetragen, dass sie die Bekämpfung von Desinformation endlich ernst nehmen. Hier ist bei weitem nichts perfekt. An dieser Stelle näher auf die Problematik der sozialen Netzwerke und deren notwendige Regulierung einzugehen würde jedoch zu weit führen. Ich möchte den Blick vielmehr auf andere, vollkommen unterschätzte Plattformen richten, die zur Verbreitung von Desinformation immer stärker genutzt werden: Messengerdienste wie WhatsApp und Telegram.

Das anfangs genannte Beispiel des manipulierten SED-Plakats haben vielleicht auch Sie von Freunden weitergeleitet bekommen oder in einer Gruppe mit Sport- oder Parteifreunden gesehen. Vielleicht haben Sie es daraufhin sogar selber weitergeleitet, weil es Sie aufgewühlt hat oder Sie es witzig fanden. Auf Messengern funktioniert die Weiterleitung nicht nur schnell und problemlos – wir kommunizieren dort auch hauptsächlich mit Menschen, die wir persönlich kennen. Oder denen wir zumindest vertrauen – schließlich sind sie beispielsweise in der gleichen Ortsgruppe der eigenen Partei. Das heißt, wir bekommen dort meist nicht von Fremden Inhalte zugespielt, bei denen wir vielleicht eher noch hinterfragen, ob der Inhalt wirklich echt ist. Wir setzen vielmehr unterbewusst voraus, dass die Person, den Inhalt, den sie weitergeleitetet, sicher geprüft oder mindestens aus einer vertrauenswürdigen Quelle erhalten hat. Da Messenger also eine Plattform sind, auf denen man mit vertrauten Personen umgeht, ist der Einfluss dort geteilter Inhalte umso größer. Daher ist es gerade in Messengern – und vor allem in Gruppen – umso wichtiger, dass Widerspruch eingelegt wird. Auch hier wird häufig gezögert aufgrund der sozialen Verbindungen, gegebenenfalls auch Hierarchien. Doch genau hier setzt Ihre Verantwortung als Demokrat ein: Weisen Sie darauf hin, wenn krude Inhalte geteilt werden. Widerspruch kann man freundlich und wertschätzend einlegen – er ist notwendig!

Frauen im Visier von bewusst falschen Informationen

Nicht so intim und vertraut sind Gruppen oder Kanäle, wie wir sie auf Telegram finden. Der Messenger ist besonders durch die „Querdenken“-Bewegung bekannt geworden. Gerade dort werden zunehmend volksverhetzende und andere strafbare Inhalte geteilt. Denken Sie bitte daran, dass Sie solche Inhalte anzeigen können und sollten. Nutzen Sie dazu auch die Unterstützung der Organisation HateAid.

Mit Desinformationen, die auch häufig strafbar sind, weil sie den Ruf einer Person schädigen, hat vor allem eine gesellschaftliche Gruppe zu kämpfen: Frauen. Dass es bei digitaler Gewalt und Desinformationen, die Personen betreffen, einen Unterschied macht, welches Geschlecht man hat, ist eindeutig. Nicht nur Aktivistinnen und Journalistinnen werden hier Opfer, sondern auch Politikerinnen. Studien zeigen dies: von der Kommunalpolitikerin, die sich aufgrund der zunehmenden Angriffe nicht mehr engagieren und äußern kann (!) bis hin zur Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Man muss wahrlich kein Fan von den Grünen oder der Kanzlerkandidatin selbst sein, um hier für einen fairen Umgang miteinander und einen fairen Wahlkampf einzutreten. Wenn man dies nämlich nicht tut, haben die Absender der Desinformation gewonnen. Sie führen die Spaltung der Gesellschaft herbei; einer Gesellschaft, die nicht mehr bereit ist, für demokratische Grundüberzeugungen einzutreten und auf dem Demokratie-Spielfeld zu bleiben.

„Frau Baerbock stellt sich aber auch an, eine Kanzlerkandidatin muss so etwas aushalten können”, hört man regelmäßig landauf, landab. Und selbstverständlich: Wer für das zweithöchste Amt dieses Landes antritt, muss einiges aushalten, doch auch das hat Grenzen. Eben, wenn es sich um Desinformation handelt. Vieles bekommen die meisten Menschen nicht mit, weil es sich in Netzwerken verbreitet, die von außen nicht einsehbar sind – ich erwähnte nicht umsonst zuerst die Messengerdienste. Doch nur weil die meisten es nicht mitbekommen, heißt es nicht, dass solche geschlechtsbezogenen Desinformationen nicht existieren und Schaden anrichten.

Dass manipulierte Nacktfotos von Olaf Scholz oder Armin Laschet aufgetaucht sind, davon haben Sie sicher noch nie gehört. Sie existieren auch nicht. Wohl aber von Annalena Baerbock. Ebenso hat eine Untersuchung des Spiegels gezeigt, dass Annalena Baerbock im Gegensatz zu ihren beiden männlichen Kontrahenten im Netz deutlich stärker mit Hass überschüttet wird. Unter den ausgewerteten Beiträgen von Inhalten auf Facebook entfallen 63.000 auf die Kandidatin der Grünen, 21.000 auf Armin Laschet und gerade mal 4.000 auf Olaf Scholz. Hass gegen Frauen ist dabei kein Problem, dass nur Frauen des linken Spektrums erfahren. Politikerinnen der Unionsparteien sind davon ebenso heftig und regelmäßig betroffen. Staatsministerin Dorothee Bär und das CDU-Bundesvorstandsmitglied Wiebke Winter sprechen regelmäßig öffentlich über das, was ihnen widerfährt. Dabei ist auch ganz klar zu benennen: Die Täter kommen hauptsächlich von rechts.

Emotionale Erregung als Zündstoff für Verbreitung

Warum verbreiten sich diese Desinformationen so gut – vor allem über Messengerdienste? Weil sie, wie schon erwähnt, gefestigte Weltbilder adressieren und unsere Emotionen ansprechen. Warum haben Sie, falls Sie es getan haben, den CDU-SED-Wahlplakat-Vergleich weitergeleitet? Entsetzen? Verwunderung? Wut? Häme? Dass Sie sich von Emotionen haben verleiteten lassen, soll gar kein Vorwurf sein. Vielmehr ist es ein mehr als natürliches und menschliches Verhalten. Nur müssen wir vielmehr auf unsere Emotionen achten, wenn wir Inhalte zugesendet bekommen. Vor allem bei überwältigenden Emotionen müssen wir noch einmal extra überlegen, ob so etwas denn wirklich sein kann, bevor wir Inhalte weiterleiten.

Doch wer starke Emotionen fühlt, dem ist schwer mit Fakten zu begegnen. Oder haben Sie schon einmal versucht, einem Freund mit Liebeskummer mit Fakten beizukommen? Emotionen brauchen eine Antwort, die die angesprochenen Emotionen ernst nimmt und diese berücksichtigt. Wenn wir also regelmäßig nach mehr Bildung und weiteren Faktenchecks verlangen, dann ist dies nur eine ungenügende Antwort auf Desinformation gleichermaßen. Zugleich ist beides nicht verkehrt. Gerade Faktenchecks können Menschen ein argumentatives Rüstzeug geben, wenn sie sich am Abendbrottisch oder in der Familien-WhatsApp-Gruppe mit Menschen auseinandersetzen müssen, die Desinformationen anheimgefallen sind.

Doch wie sieht eine Antwort aus, die die Emotionen adressiert, die durch Desinformationen angesprochen wurden? Ich sage es ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich sagte am Anfang, dass wir dringend bestimmte Erkenntnisse zugrunde legen müssen, um darauf aufbauend, eine gute und produktive Debatte zum Umgang und zur Bekämpfung von Desinformation führen zu können. Dies ist eine davon – nebst den zwei weiteren von mir genannten. Natürlich snd auch diese drei nicht abschließend. Aber wir müssen unsere Debatte und unsere Forschung besser machen, beziehungsweise ausstatten, um mit einem Problem, das größer und dauerhafter werden wird, umzugehen.

Auch hilft ein Blick ins Ausland: Taiwan hat sehr mit Desinformationen aus China zu kämpfen. In den einzelnen Ministerien sitzen daher Comedians, um humoristische Inhalte zum Kontern zu entwickeln. „Wer lacht, hat keine Angst”, pflegt die taiwanesische Digitalministerin Audrey Tang zu sagen. Für Humor sind wir Deutschen zwar nicht unbedingt bekannt, und auch wenn Demokratie sicherlich kein Witz ist: Wir sollten Desinformationen ernst genug nehmen, um unsere Demokratie auch durch guten Humor zu schützen.

Ann Cathrin Riedel ist Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik. Als Themenmanagerin bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit beschäftigt sie sich auf globaler Ebene mit den Themen Digitalisierung und Innovation. Sie wurde vom Capital Magazin als Top 40 unter 40 in der Kategorie „Wissenschaft und Gesellschaft“ ausgezeichnet. Für die Bundestagswahl 2021 tritt sie für die Freien Demokraten in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg an.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei CIVIS mit Sonde, Ausgabe 2/2021

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