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Our Latest News

Digital Services Act: Die neue Grundlage für den digitalen europäischen Binnenmarkt

20 Jahre nach Einführung der europäischen E-Commerce-Richtlinie, wird heute von der Europäischen Kommission der Digital Services Act (DSA) vorgestellt, der die in die Jahre gekommene Richtlinie ergänzen soll. Vor 20 Jahren, bei Einführung der E-Commerce-Richtlinie, die bis heute den Binnenmarkt für Online-Dienste regelt, gab es noch keine Social-Media-Plattformen, wie wir sie heute kennen. Regulierung, die auf die Anforderungen der Plattform-Ökonomie abzielt, ist also dringend notwendig. Neben dem Digital Services Act wird der Digital Markets Act (DMA) vorgestellt, der ebenfalls an Plattformen mit Gatekeeper-Funktion gerichtet ist. Der DMA ergänzt Regelungen zum Wettbewerbsrecht und soll die Marktmacht der großen Digitalkonzerne begrenzen. 

Die noch immer gültige E-Commerce-Richtlinie beinhaltet ein Instrument, das für das Funktionieren des Internets, insbesondere von Plattformen enorm wichtig ist: das sogenannte “Notice and take down”-Verfahren. Dies entbindet, kurz gesagt, Plattformen von ihrer Haftung für illegale Inhalte Dritter, sofern sie davon keine Kenntnis haben. Dies ändert sich aber, sobald sie darüber in Kenntnis gesetzt wurden. Mit der Kenntnisnahme müssen sie handeln und die Inhalte entfernen, ansonsten haften sie für diese. Der Digital Services Act baut auf der E-Commerce-Richtlinie auf und behält dieses Instrument bei. Dies ist sehr zu begrüßen, auch vor dem Hintergrund, dass in den USA heftig um eine vergleichbare Regelung, die sogenannte Section 230 gestritten wird und der gewählte Präsident Joe Biden diese gerne abschaffen möchte.

Der Digital Services Act soll unter anderem dazu dienen, illegale Inhalte auf Plattformen besser zu regulieren und diese unter Einhaltung der Europäischen Grundrechtecharta zu entfernen. Was sich erstmal gut anhört, wirft die gleichen Probleme auf, die wir schon vom deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) kennen: Plattformen sollen selber entscheiden, was illegal ist. Eine Aufgabe, die die Justiz zu übernehmen hat und keine privatwirtschaftlichen Unternehmen. Dabei macht der DSA keine Aussagen darüber, was “illegale Inhalte” sind. Diese werden – zu Recht – in anderen Gesetzeswerken auf europäischer beziehungsweise nationaler Ebene geregelt. Positiv ist allerdings, dass der DSA wie das NetzDG eine Ansprechperson des in der Europäischen Union operierenden Plattformbetreibers fordert. Ebenso haben die Mitgliedsstaaten einen “Digital Services Coordinator” zu bestimmen, der die Aufsicht über die Einhaltung der Regelungen im Mitgliedsstaat hat und sich auf europäischer Ebene zum “European Board for Digital Services” zusammenschließt, das der Europäischen Kommission als Beratungsgremium zur Seite steht. 

Mit dem Digital Services Act kommen allerdings auch einige Verbesserungen für Nutzer:innen von digitalen Plattformen, inbesondere in Bezug auf Inhalte, die nach den plattformeigenen Communitystandards entfernt wurden. So müssen beispielsweise Nutzer:innen darüber informiert werden, warum ihre Inhalte von der Plattform gelöscht wurden. Die Plattform muss nach dem DSA Möglichkeiten anbieten, zu der getroffenen Entscheidung Widerspruch einzulegen und eine Plattform zur Streitschlichtung bereithalten. Ebenso ist zu begrüßen, dass der DSA Schutzmaßnahmen vorsieht, um den Missbrauch der Meldefunktion für Beiträge zu verhindern – werden mit falschen Meldungen doch häufig versucht unliebsame Meinungen mundtot zu machen. Plattformen wird daher nahegelegt, Regelungen zu finden, diese Nutzer:innen temporär zu sperren, dieses Vorgehen aber auch in ihren AGB darzulegen. Ebenso soll in den AGB in verständlicher Sprache dargelegt werden, ob die Inhalte durch Menschen oder Algorithmen moderiert werden.

Der Digital Services Act unterscheidet bei den beabsichtigten Pflichten die Größe von Plattformen. Er nimmt explizit zur Kenntnis, dass “sehr große Plattformen” einen ganz anderen Impact auf die europäischen Gesellschaften haben. So definiert der DSA sehr große Plattformen als Plattformen, die mehr als 45 Millionnen Nutzer:innen haben, bzw. 10 Prozent der Unionsbürger:innen. Die Strafen, die Der Digital Services Act bei Verstößen vorsieht, sind beachtlich: Bis zu 6 Prozent des Jahresumsatzes sind hier bei äußerst schweren Verstößen möglich.

Nutzer:innen sollen besser verstehen können, wie sich die Inhalte, die ihnen angezeigt werden, zusammensetzen. Dazu sollen sehr große Plattformen darlegen, was ihre Parameter für Empfehlungssysteme (z.B. der News Feed) sind und ermöglichen , dass alternative Einstellungen vorgenommen werden können. Dazu gehört auch die Möglichkeit einer neutralen Anordnung der Inhalte, die nicht anhand der von der Plattform antizipierten Vorlieben der Nutzer:in erstellt wird. Auch soll Nutzer:innen erkennen können, warum ihnen Werbeanzeigen angezeigt werden, also nach welchen Parametern das sogenannte Micro-Targeting erfolgte. Ebenso soll erkennbar sein, wer für die Anzeige zahlte.

Wie bereits im Anfang Dezember vorgestellten “European Democracy Action Plan” erwähnt wurde, finden sich im Digital Services Act Regelungen , die die Verbreitung von Desinformation einhegen sollen. Online-Plattformen sind angehalten, einen Code of Conduct zu erstellen, in dem sie darlegen, wie sie mit Inhalten, die zwar nicht illegal aber dennoch schädlich sind, umgehen wollen. Dazu gehört auch der Umgang mit Fake-Accounts und Bots, die häufig dazu beitragen, Desinformationen und andere schädliche, aber nicht illegale Inhalte zu verbreiten. Plattformen, die keinen Code of Conduct haben und dies nicht begründen können, kann vorgeworfen werden, dass sie sich nicht an die Vorgaben des DSA halten.  Die im Action Plan angekündigte Pflicht zur Bereitstellung von Daten zu Forschungszwecken findet sich im DSA wieder.

Ebenfalls zu begrüßen ist, dass sehr große Plattformen Pläne für Krisenfälle vorhalten sollen, zum Beispiel Pandemien, Erdbeben oder terroristische Anschläge. Zur Risikobewertung und -minderung wird diesen Plattformen außerdem nahegelegt, Nutzer:innen, besonders betroffene Personen, unabhängige Expertinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft in ihre Maßnahmen mit einzubeziehen. Dies ist insbesondere in Anbetracht des Genozids an den Rohingya in Myanmar, der durch Desinformation und Hate Speech auf Facebook befeuert wurde, auf den die Plattform lange keine Antwort fand, ein wichtiger Schritt.

Der Digital Services Act könnte auch für Kanäle (und ggf. auch Gruppen) auf Telegram greifen und damit umfassender sein, als das deutsche NetzDG, das bei Messengern wie Telegram, die auch eine öffentliche Kommunikation ermöglichen, eine Lücke aufweist. Die würde dazu führen, dass auch Telegram eine Ansprechperson in Europa benennen müsste. Keine Anwendung soll der DSA auf private Kommunikation über Messenger und  E-Mails finden, sondern nur auf  Gruppen , die für die Öffentlichkeit gedacht sind.

Mit dem Digital Services Act soll eine einheitliche Regulierung für den europäischen digitalen Binnenmarkt geschaffen werden, der auch eine Maßnahme gegen den Flickenteppich an nationaler Gesetzgebung sein soll, wie er zum Beispiel durch das deutsche NetzDG oder das französische “Avia Law” entstanden ist. Dabei löst er die nationalen Gesetze allerdings nicht ab, sondern ergänzt und vereinheitlicht sie. Der DSA erhebt den Anspruch, internationale Standards setzen zu wollen. Dass er dies mit der Privatisierung der Rechtsdurchsetzung an die Plattformen anstrebt – wie schon beim NetzDG –, ist scharf zu kritisieren. Es bleibt zu wünschen, dass sich das Europäische Parlament im Rahmen der Verhandlungen über den finalen Text der Richtlinie für eine sinnvollere Lösung einsetzt.

Dieser Artikel erschien zuerst auf freiheit.org.

Bild von Laurent Verdier auf Pixabay 

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European Democracy Action Plan: Mechanismen statt Inhalte

Die EU-Kommission wählt die richtigen Ansätze zur Regulierung von Desinformation

Während man in Deutschland häufig das Gefühl hat, dass Desinformationen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den demokratischen Diskurs keine ernstzunehmende Bedrohung darstellen, ist man auf europäischer Ebene schon deutlich weiter. Mit dem am 3. Dezember 2020 vorgestellten “European Democracy Action Plan” zeigt die EU-Kommission, insbesondere die liberale Vize-Kommissionspräsidentin Věra Jourová, dass sie die Probleme, die durch Desinformationen entstehen, nicht nur verstanden hat, sondern auch richtige Regulierungsansätze wählt.

„Wir wollen kein Wahrheitsministerium schaffen, Redefreiheit ist wesentlich“, sagte  Jourová bei der Vorstellung des Action Plans und dies spiegelt sich auch bei den vorgestellten Maßnahmen gegen Desinformation wider. Dazu gehört zum einen, dass davon abgesehen wird, Inhalte zu regulieren. Etwas, das man noch zu wenig bis gar nicht in der deutschen Debatte um Maßnahmen gegen Desinformationen hört. Hier spielt sich der Diskurs unter Politiker:innen – wenn er denn überhaupt stattfindet – meist zwischen “Fake News” strafbar machen und “Inhalte löschen” ab. Beide Pole sind aber weder praktikabel, noch rechtsstaatlich vertretbar oder nachhaltig in ihrer Wirkung.

So ist es nicht nur erfreulich, dass im Action Plan konsequent von Desinformation gesprochen wird und der unscharfe Kampfbegriff “Fake News” gar nicht erst auftaucht, sondern auch, dass von einer bislang wirkungslosen Selbstregulierung auf regulierte Selbstregulierung (Co-Regulierung) umgeschwenkt wird. Dazu sieht der Action Plan beispielsweise vor, dass das Fact-Checking durch Partnerorganisationen auf den Social-Media-Plattformen deutlich transparenter und durch festgelegte Standards zu erfolgen hat. Diese Standards sollen einen Rahmen bieten, nach denen die kooperierenden Fact-Checking-Organisationen Inhalte prüfen und gegebenenfalls als “irreführend” oder “falsch” markieren. Das würde nicht nur den Plattform-Nutzer:innen dienen, sondern auch die Basis für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Social-Media-Plattformen und Faktencheckern sorgen. Auch sollen die Maßnahmen gegen Desinformationen der Plattformen stärker überwacht und deren Wirkung nach festgelegten Erfolgsfaktoren überprüft werden. Ebenso soll die längst überfällige Bereitstellung von Daten für die Forschung unter Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung gewährleistet werden. Dazu soll ein entsprechender Rahmen unter Einbeziehung aller relevanter Interessensgruppen entwickelt werden.

Zu begrüßen ist außerdem, dass der Action Plan die Mechanismen in den Fokus nimmt, die zur Verbreitung von Desinformation beitragen. Hier wird richtig angesetzt, indem die Akteure, beziehungsweise die Verbreitungsmechanismen adressiert werden, und nicht die eigentlichen Inhalte. Diese zu regulieren ist schlicht nicht möglich – abseits von rechtswidrigen Inhalten – und würde auf ein Wahrheitsministerium hinauslaufen. Der Action Plan schlägt vor, dass Plattformen Maßnahmen ergreifen müssen, die eine künstliche Verstärkung der Verbreitung von Desinformationen verhindern. Twitter hat dies beispielsweise schon bei den US-Präsidentschaftswahlen umgesetzt, als es nicht mehr möglich war, die als “irreführend” oder “falsch” markierten Tweets von Donald Trump mit “gefällt mir” zu markieren oder zu retweeten. Facebook verzichtete auf solche Funktionen und markierte nur – auch das erst spät – falsche Informationen des Präsidenten.

Zusätzlich sollen Plattformen dafür sorgen, dass das Geldverdienen mit Desinformationen erschwert wird. Dies adressiert vor allem die Akteure, die in Desinformationen kein Werkzeug zur Spaltung von Gesellschaften sehen, sondern als Instrument, um sich finanziell zu bereichern. Dazu sollen die Plattformen dafür sorgen, dass beispielsweise in Videos, die als “irreführend” oder “falsch” eingestuft wurden, keine Werbeanzeigen mehr eingeblendet werden. Ebenso hatten in der Vergangenheit Kriminelle “Nachrichtenportale” erstellt, die mit reißerischen, erfundenen “Nachrichten” Klicks auf Webseiten generiert haben. Durch die auf Webseiten oder in Videos eingeblendeten Werbebanner von Werbenetzwerken wurden erhebliche Summen verdient. Diese Maßnahme zielt sowohl auf die Werbenetzwerke auf den Social-Media-Plattformen ab, als auch auf Netzwerke, die Werbung auf Seiten Dritter ausspielen, wie beispielsweise Googles AdSense.  

Der vorgelegte Action Plan ist nicht mehr als ein Plan. Aber er macht Hoffnung, dass Mechanismen und Wirkweisen verstanden wurden, die zur Bedrohung von Demokratien im digitalen Raum beitragen. Er setzt an den Mechanismen an, die mit-ursächlich für die rasante digitale Verbreitung von Desinformationen auf Plattformen sind und nicht an den Inhalten. Damit schont er unsere Grund- und Bürgerrechte. Die vorgeschlagenen Maßnahmen können nur ein Anfang für eine gute Regulierung des digitalen Raums zum Schutze unserer Demokratien sein. Spannend wird dazu das Zusammenspiel mit dem Digital Services Act sein, der am 15. Dezember 2020 vorgestellt werden soll. 

Dieser Text erschien zuerst auf freiheit.org.

Photo by Markus Spiske on Unsplash

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Erstunterzeichnerin der Initiative #SheTransformsIT

Die Initiative #SheTransformsIT ist ein Zusammenschluss von 50 Erstunterzeichnerinnen die sich für mehr Diversität bei der Digitalisierung in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Medien einsetzen. Ich freue mich, eine dieser 50 Ersunterzeichnerinnen zu sein.

Die Initiative wurde mit auf dem Digital Gipfel der Bundesregierung 2020 vorgestellt.

Die 50 Erstunterzeichnerinnen sind:

Filiz Albrecht | Prof. Dr. Julia C. Arlinghaus | Dorothee Bär | Felicitas Birkner | Vanessa Cann |Dr. Anna Christmann | Valentina Daiber | Susanne Dehmel | Prof. Ira Diethelm | Anke Domscheit-Berg | Dr. Laura Sophie Dornheim | Saskia Esken | Elke Hannack | Maren Heltsche | Prof. Dr. Katharina Hölzle | Isabelle Hoyer | Carla Hustedt | Aya Jaff | Elizabeth Kaiser | Bettina Karsch | Ronja Kemmer | Viola Klein | Julia Kloiber | Daniela Kluckert | Prof. Julia Knopf | Christa Koenen | Elvan Korkmaz-Emre | Laura-Kristine Krause | Melanie Kreis | Mona Küppers | Franzi Kühne | Prof. Dr. Ulrike Lucke | Dr. Helga Lukoschat | Dr. Gesa Miczaika | Prof. Dr. Katharina Morik | Lena-Sophie Müller | Dr. Sigrid Nikutta | Tijen Onaran | Verena Pausder | Iris Plöger | Christine Regitz | Ann Cathrin Riedel | Tabea Rößner | Ulle Schauws | Nadine Schön | Prof. Dr. Martina Schraudner | Prof. Barbara Schwarze | Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider | Dr. Katrin Suder | Katja Suding | Miriam Wohlfarth

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Publikation: The German Corona-App. In der Reihe “Rethinking Privacy and Mass Surveillance in the Information Age”

Im Rahmen des deutsch-israelischen Dialog-Projekts “Rethinking Privacy and Mass Surveillance in the Information Age” durfte ich für die Heinrich-Böll-Stiftung Israel und das Israel Public Policy Institute ein Papier über die Debatte zur deutschen Corona-Warn-App verfassen. Das Papier „The German Corona-App: Expectations, Debates and Results“ kann hier heruntergeladen werden. Es war Teil eines anschließenden Dialogs mit Eran Toch, der die israelische Perspektive einbrachte. Sein Papier „Eroding Trust: Contact Tracing Technologies in Israel“ kann hier heruntergeladen werden.

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Gegen Hass im Netz: „Frauenhass und Herabwürdigung sitzen in unserer Gesellschaft tief“

Der jüngste, aufsehenerregende Vorfall passierte auf Instagram: Dank insbesondere der Berliner Influencerin Louisa Dellert und der feministischen Aktivistin Kristina Lunz, konnten wir miterleben, was Frauen regelmäßig ertragen müssen.

Im Netz werden sie mit Bedrohungen überhäuft – meist durch aufgestachelte Follower eines Nutzers. In diesem Fall von dem Comedian Hendrik Nitsch, besser bekannt als „Udo Bönstrup“, der sich vor einigen Tagen über ein Statement gegen sexistische Hassnachrichten lustig machte. Nur haben sich die betroffenen Frauen diesmal lautstark gewehrt.

Insbesondere bei Frauen, die sich öffentlich gegen Frauenfeindlichkeit aussprechen, wird häufig versucht, sie mundtot zu machen. Und dieser aktuelle Fall zeigt: Beim Thema digitale Gewalt ist noch viel zu tun. Hinweise von anderen Menschen, dass man sich nicht so darüber aufregen solle, tragen zu diesem sogenannten Silencing bei und verschlimmern die Gewalterfahrung. Zu viele Frauen ertragen diese digitale Gewalt. Das darf nicht sein.

Wussten Sie, dass 70 Prozent der Mädchen und jungen Frauen in Deutschland Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierungen in sozialen Medien ausgesetzt sind? Das ergab eine Studie von Plan International unter 15- bis 24-Jährigen.

Weniger politisches Engagement wegen Bedrohungen und Beschimpfungen

Auch die neueste Studie der Initiative D21, „Digitales Leben““, kommt zu dem Ergebnis, dass Frauen häufiger unter (oft sexualisierten) Belästigungen im Netz leiden. Frauen nehmen laut der Studie weniger die Möglichkeiten des gesellschaftlichen und politischen Engagements auf sozialen Medien wahr als Männer. 

Die Europäische Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF) hat in ihren Analysen zur Kommunalpolitik herausgefunden, dass der Grund für ein geringeres Engagement in der Politik zu einem erheblichen Teil in den Bedrohungen und Beschimpfungen im digitalen Raum liege. Nach einer Auswertung des Guardian aus dem Jahr 2016 verstärken sich die Anfeindungen sogar noch, wenn ein Migrationshintergrund vorliegt.

Das sind erschreckende Befunde. Sie zeigen, dass Frauenfeindlichkeit noch weit verbreitet ist. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass dieser Hass von Menschen ausgeht, die auch in der analogen Welt agieren. Sie sind dort keine anderen Personen. Wir müssen allen Menschen einen sicheren – analogen wie digitalen – Raum bieten, in dem sie sich diskriminierungsfrei äußern können und damit auch, aber nicht nur, an demokratischen Diskursen teilnehmen können.

Sieben Vorschläge für einen sicheren digitalen Raum

Um einen sicheren digitalen Raum zu ermöglichen, müssen wir entschieden gegen digitale Gewalt vorgehen. Diese sieben Vorschläge sehen wir als wichtigen Anfang:

1. Zu Beginn steht Solidarität! Die braucht es nicht nur von Frauen. Gewalt gegen Frauen ist kein Frauenproblem, sondern ein gesellschaftliches Problem, meist ein Männerproblem. Tätern muss das Gefühl genommen werden, dass sie Macht über ihr Opfer haben. Ihnen muss klargemacht werden, dass ihr Verhalten – ob strafbar oder nicht – von einer offenen Gesellschaft nicht toleriert wird.

2. Hate Speech ist Gewalterfahrung. Opfer brauchen besondere Betreuung. Auch und gerade bei Straf- oder Zivilrechtsverfahren. Anlaufstellen, bei denen sie vorab Hilfe bekommen können und sich über ihre rechtlichen Möglichkeiten, aber auch Maßnahmen zum persönlichen Schutz informiert werden können, sind essenziell. Es braucht mehr von diesen Anlaufstellen. Bei schweren Ehrverletzungen sollte den Opfern zudem ein „Opferanwalt“ und eine psychosoziale Prozessbegleitung zur Seite gestellt werden. 

3. Straftaten im Netz müssen besser geahndet werden durch spezialisierte Kräfte in Polizei und Justiz. Zentralstellen der Staatsanwaltschaft wie sie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen schon eingerichtet wurden, sind hierfür sinnvoll. Polizei und Justiz müssen über technischen Sachverstand und modernste Ausstattung im digitalen Raum verfügen. Zudem müssen sie die Tragweite von Angriffen einschätzen und ernst nehmen können. Vorschläge, wie den Twitter- oder Instagram-Account zu löschen, dürfen nicht erfolgen. 

Es soll e-Courts für schnelle Verfahren geben

4. Strafanzeigen müssen einfach, online und anonymisiert gestellt werden können. In Zivilprozessen muss es für die Geschädigten möglich sein, das Verfahren auch ohne Nennung der privaten Anschrift zu betreiben, sondern derjenigen der beratenden Kanzlei oder NGO. Dies wird von Gerichten nach Angabe von Betroffenen nicht immer akzeptiert. Es ist aber von essentieller Bedeutung, da ansonsten der Täter über eine Akteneinsicht die Privatanschrift erfahren könnte. 

5. Das durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz geregelte eigenmächtige Löschen durch die Plattformen ohne Verfahren ist nicht zielführend. Vereinfachte Onlineverfahren, sogenannte e-Courts, können eine Beschleunigung von Verfahren ermöglichen. Zeit ist bei solchen Vorfällen von enormer Bedeutung. Onlineverfahren können nicht nur die Justiz entlasten. Zeitnahe Urteile sorgen auch bei Tätern für eine nachhaltige Wirkung.

6. Polizei und Justiz müssen effektiv und schnell mit den Plattformen und NGOs zusammenarbeiten. NGOs wie zum Beispeil „Hate Aid“, „Hassmelden“ und „Ich bin hier“ sollen die Möglichkeit bekommen, den Staatsanwaltschaften digital Strafanzeigen zuzuleiten. Sie verfügen über die Expertise der Beweissicherung und können so  schnell die Staatsanwaltschaft unterstützen und Betroffenen helfen.

Es braucht einen starken Staat und verantwortungsvolle Plattformen

7. Plattformen wie Instagram tragen Verantwortung. Sie müssen ihre eigenen Regeln durchsetzen und dürfen orchestrierten Hass nicht hinnehmen. Sie müssen mehr Content-Moderatorinnen und -Moderatoren einsetzen, die gemeldete Inhalte prüfen. Des Weiteren sollten Plattformen veröffentlichen, wie viele Moderatorinnen und Moderatoren sie beschäftigen. Schulungen zu geschlechtsspezifischem Hass und Silencing müssen für sie verpflichtend sein.

Es gibt noch viel zu tun. Wir dürfen bei den Problemen im digitalen Raum nie vergessen, dass diese nicht unabhängig von der analogen Welt passieren. Unser Justizwesen muss dafür gewappnet sein. Wir brauchen einen starken und modernen Rechtsstaat, der Opfer auch im digitalen Raum schützen kann. Hier sind vor allem die Länder in der Pflicht nachzubessern. Forderungen nach schärferen Gesetzen oder die alleinige Adressierung der Plattformen greifen zu kurz, denn das Problem ist umfassend. Frauenhass und die Herabwürdigung von Frauen sitzen in unserer Gesellschaft noch tief. Gehen wir es an!

Dieser Gastbeitrag erschient zuerst im Tagesspiegel (online und print) zusammen mit Maren Jasper-Winter am 25. November 2020.

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Am Datenschutz scheitert die Corona-Bekämpfung nicht

Den Datenschutz lockern, um den Gesundheitsschutz zu stärken? Bei der Corona-Warn-App wird eine ritualisierte Debatte entlang der bekannten Lager geführt. Die wichtigen Fragen werden dabei meistens ausgeklammert: Was kann die App leisten? Wo liegen die Probleme und welche Daten brauchen wir, um die gewünschten Ziele zu erreichen? Zusätzlich wird die Debatte geführt, als würde die App im luftleeren Raum handeln, als würde das Verhalten des Menschen irrelevant sein. Daten und Technologie haben aber generell nur einen Zweck: Sie müssen dem Menschen nützen. Sie sind Werkzeug zur Erreichung seiner Ziele, nie die Lösung selbst. Die bloße Forderung nach “mehr Daten” wird nicht als Selbstläufer zum Erfolg bei der Virusbekämpfung führen. Die Debatte braucht also mehr Substanz.

Der überbordende Datenschutz scheint laut einigen Politiker:innen und Kommentator:innen der Grund zu sein, der Deutschland davon abhält, Vorreiter der Digitalisierung zu werden und die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen. Doch sind es ausschließlich Daten, die in anderen Ländern der Schlüsselfaktor sind, mit dem die Pandemie in den Griff bekommen wurde? Taiwan und Südkorea werden hier gerne als Beispiele angeführt. Nur gilt selbst in hochtechnologischen Ländern: Daten handeln nicht alleine. Viel zu häufig wird beim Blick nach Ostasien vergessen, dass diese Länder eben nicht bloß auf Technologie setzen, sondern auch zahlreiche andere — meist ganz analoge — Maßnahmen eingesetzt haben, die zum erfolgreichen Umgang mit der Pandemie beigetragen haben. Dazu gehören einfacher mögliche Einreisekontrollen sowie die allgemein viel bessere Vorbereitung auf Pandemien aufgrund vorhandener Erfahrungen mit SARS-Viren.

Wichtig ist, beim Verweis auf andere Länder präzise zu benennen, welche Daten dort verwendet und welche bürgerrechtlichen Einschränkungen dafür in Kauf genommen wurden. Taiwan hat beispielsweise nicht auf Tracking- oder Tracing-Apps gesetzt. Die Einhaltung der Quarantäne wurde über das Mobilfunknetz kontrolliert. Allerdings wurden in Taiwan auch digitale Zugänge zu Daten bereitgestellt, mit denen die Zivilgesellschaft hilfreiche Anwendungen entwickeln konnte. Zum Beispiel, wie viele Masken in der Apotheke in der Nachbarschaft noch vorrätig sind oder Visualisierungen über die Menge der ausgelieferten Masken. Solche Daten und Informationen — möglich gemacht durch Civic-Tech-Anwendungen — finden in Deutschland, wenn wir über die Nutzung von Daten bei der Eindämmung der Pandemie sprechen, quasi keine Beachtung (Stichwort: WirVsVirus). Die Debatten über Daten dürfen daher nicht lediglich darum gehen, ob wir viel oder wenig Datenschutz brauchen, sondern wo der Mensch sinnvolle Informationen aufgrund von Daten bekommen kann, bzw. braucht, um sein Verhalten zu ändern, sodass das Virus sich nicht weiter verbreiten kann.

Südkorea hat zahlreiche weitere Daten genutzt, um die Verbreitung des Virus einzuschränken — eben nicht nur Daten aus einer Tracking-App. Diese wurden angereichert mit Daten aus Überwachungskameras oder über Finanztransaktionen. Wer dies auch für Deutschland fordert, sollte sich bewusst sein, dass wir hier gar nicht so viele Kameraaufnahmen haben, die wir nutzen könnten — zum Glück! Auch ist in Deutschland Bargeld noch immer beliebter als das digitale Bezahlen. Die benötigten Daten für das Vorbild Südkorea wären also gar nicht in dem Ausmaß vorhanden, in dem man sie benötigen würde. Der Ruf nach mehr Daten und weniger Datenschutz verkennt daher, dass Daten auch generiert werden müssen und nicht plötzlich da sind, nur weil der Datenschutz gelockert wird. Hinzu kommt, dass gerade durch solche massiven Datensammlungen womöglich viel mehr Menschen so handeln würden, dass diese Daten nicht mehr von ihnen generiert werden würden. Statt mit der Kreditkarte, würden sie wieder bar bezahlen. Die Lockerung des Datenschutzes würde also ins Leere laufen.

Natürlich darf es bei dem Einsatz von Technologie zur Pandemiebekämpfung nicht nur um den Datenschutz gehen. Es ist klar, dass der Gesundheitsschutz äußerst wichtig ist und dass es eine angemessene Abwägung zwischen diesem und dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geben muss. Nur: Es gibt seit dem Beginn der Debatte äußerst kluge und innovative Vorschläge, wie genau beides in Einklang gebracht werden kann. Aus einem entstand die App, wie wir sie heute nutzen. Ein datenschutzfreundliches und Privatsphäre schonendes Konzept, das die 20 Millionen Downloads und das Lob aus dem Ausland wohl erst möglich machte. Dass die Corona-Warn-App angeblich nicht funktioniere, liegt eher an der überfrachteten Erwartung an sie, die keine App je erfüllen könnte. Beispielhaft sei hier erwähnt, dass es im Frühjahr gerne hieß, dass wir mit der App unsere Freiheit wiedererlangen könnten. Dabei wird aber verkannt, dass keine App vor einer Ansteckung schützt, sondern immer nur retrospektiv wirken kann und selbst dies nur dann, wenn eine Infektion mittels Test bestätigt wurde. Abstandhalten, Kontakte reduzieren und einen Mund-Nase-Schutz tragen wird also auch durch Technologie nicht obsolet.

Eine anderer kluger Vorschlag ist die Entwicklung einer Cluster-Erkennung für die Corona-Warn-App — ebenfalls datenschutzkonform und Privatsphäre schonend. Doch dieser findet kaum Erwähnung bei denen, die weniger Datenschutz fordern und diesen als Schuldigen für das angebliche nicht-funktionieren der App anführen. Ebenso finden Probleme, die dringend einer Lösung bedürfen, wenig Gehör: die Digitalisierung der Gesundheitsämter an sich, fehlende Schnittstellen (Stichwort: Datenübermittlung per Fax an das RKI) oder fehlende Informationskampagnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Noch heute scheitern zu viele Ärztinnen und Patienten daran, das Testergebnis in die eigene Corona-Warn-App übermitteln zu lassen, damit andere gewarnt werden können, da ihnen nicht bekannt ist, dass unbedingt ein Kreuzchen auf dem Formular für das Labor gesetzt werden muss, das die Übermittlung des Ergebnisses in die App erlaubt. Statt mit einem Zwang zur Freigabe zu arbeiten und damit womöglich noch weitere Nutzer:innen der App zu verlieren, sollte an der Aufklärung der Menschen gearbeitet werden, sodass sie eine freiwillige, aufgeklärte Entscheidung treffen können, beziehungsweise auf das Setzen des Kreuzes hinweisen können. Hier liegen die Potenziale. Denn wir brauchen mehr Nutzer:innen der App.

Unsere Debatten brauchen mehr Substanz. Gerade, weil es um den Schutz von Menschenleben und einer Abwägung von Grundrechten geht brauchen wir mehr technologischen Sachverstand, mehr Fokus auf Prozesse und deren Optimierung. Blinder Technologieglaube führt nicht nur nicht zu den bestmöglichen Lösungen, er ist schlimmstenfalls sogar Steigbügelhalter für eine tiefgreifende digitale Überwachung. Der bloße Ruf nach mehr Daten und weniger Datenschutz wird keinen Erfolg bringen — schon gar nicht, wenn weder benannt werden kann, was für Daten gebraucht werden noch wie diese generiert und verarbeitet werden können. Daten schützen nicht vor einem Virus. Aus Daten gewonnene Informationen können dazu beitragen, dass Menschen ihr Verhalten ändern. Und schlussendlich kommt es genau darauf an, dass Menschen Informationen über das Virus und seine Verbreitungswege ernst nehmen und ihr Verhalten dadurch ändern. Wenn wir dazu nicht in der Lage sind, wird uns auch ein gelockerter Datenschutz nicht vor dem Virus schützen.

Dieser Text erschien zuerst auf freiheit.org.

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Auszeichnung „Junge Elite“ Top 40 unter 40 des Capital Magazins

Es ehrt mich sehr, auf der #Top40unter40 „Junge Elite 2020“ Liste des Capital Magazins zu sein. Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass Bürgerrechte im Digitalen kein Nischenthema sind, sondern in die Breite getragen werden.
Die Auszeichnung zeigt mir, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Denn Bürgerrechte gehen uns alle an – jeden Tag. Wir alle müssen dazu beitragen, dass wir eine lebenswerte Zukunft gestalten. Und dazu gehört eben auch der digitale Raum. Freiheit ist keine Selbstverständlichkeit. Sie erhalten wir nur, wenn wir uns für Verschlüsselung, informationelle Selbstbestimmung, gegen Hate Speech und so vieles anderes einsetzen.

In den letzten zweieinhalb Jahren als Vorsitzende von LOAD e.V. – Verein für liberale Netzpolitik habe ich so viel wie nie zuvor in meinem Leben gelernt. Über mich, aber auch an Inhalten. Bei all denen, deren Beitrag zu meiner Arbeit viel zu oft ungesehen ist, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken. Meine LOADies und Freund:innen, die ihre Zeit investieren, um mir Dinge zu erklären, meine Ideen zu challengen oder die einfach nur miteinander diskutieren und ich durch stilles zuhören oder lesen wahnsinnig viel mitnehmen kann. Ich danke Euch von Herzen!

Glückwünsche auch an alle anderen Ausgezeichneten. Die Liste gibt es hier.

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Die EU reagiert auf neuste Terroranschläge mit noch mehr Überwachung

Die EU reagiert auf neuste Terroranschläge mit noch mehr Überwachung

Erst der Schock — dann die Panikreaktion. Die abscheulichen Anschläge in Paris, Nizza und Wien lassen die EU in leider gut bekannte Handlungsmuster verfallen: Auf Terror wird mit Einschränkungen unserer Freiheit reagiert, die angeblich mehr Sicherheit bringen. Wie nun bekannt wurde hat der Ministerrat eine Initiative vorbereitet, die die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Messengerdiensten wie WhatsApp oder Signal aufweichen soll. Unter der deutschen Ratspräsidentschaft wird damit nicht nur noch weiter in unsere Grundrechte eingegriffen. Es wird auch die weltweite IT-Sicherheit unter dem Vorwand des Kampfs gegen den Terror aufs Spiel gesetzt.

“Sicherheit durch Verschlüsselung, Sicherheit trotz Verschlüsselung”, forderte schon der ehemalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière und sorgte damit für viel Entsetzen bei Bürger- und Menschenrechtlern und IT-Expertinnen. Der gestern bekanntgewordene Vorstoß des Ministerrats folgt genau dieser Losung: Die Betreiber von Messengerdiensten sollen dazu verpflichtet werden, einen Generalschlüssel für den behördlichen Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation zu hinterlegen. Genutzt werden soll offenbar die “Exceptional Access”-Methode des britischen Geheimdienstes GCHQ. Dies bedeutet aber, dass die sichere und verschwiegene Kommunikation von uns allen in Gefahr ist. Denn entgegen Verlautbarungen, dass diese Überwachung nur potenzielle Terrorist:innen beträfe, öffnet sie vielmehr ein Einfallstor für jegliche Cyber-Kriminelle oder Spione. Wir erinnern uns: selbst die NSA war nicht in der Lage, ihre genutzten Sicherheitslücken geheim zu halten. Weltweite Cyberattacken (Stichworte: WannayCry und NotPetya) mit Schäden in Milliardenhöhe und die Gefährdung von Menschenleben waren die Folge.

Abgesehen davon, dass Regulierungen dieser Art Auswirkungen auf die Nutzung von Technologie in der ganzen Welt haben, ist die Resolution des Ministerrats eine Einladung an autokratische Herrscher es der Europäischen Union gleichzutun und die Kommunikation ihrer Bürger:innen mitzulesen. Es darf nicht vergessen werden: Privatsphäre ist ein Menschenrecht, das auch in der europäischen Grundrechtecharta verankert ist. Wollen wir andere von unseren Werten überzeugen, so müssen wir hier mit gutem Beispiel vorangehen.

Aber auch das ewige Mantra, dass zusätzliche Überwachungsbefugnisse einen entscheidenden Beitrag zur Verhinderung solcher Terroranschläge beitragen muss endlich ernsthaft infrage gestellt werden. Seit mehr als 20 Jahren, spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001, wird die diffuse Angst der Menschen dazu ausgenutzt immer neue Eingriffsbefugnisse durchzusetzen. Trotzdem sehen wir uns im Jahr 2020 einer noch komplexeren Sicherheitslage gegenüber und haben noch nicht einmal den Ansatz einer Vorstellung davon, was diese Zugriffsrechte überhaupt genau bringen und wofür wir unsere Freiheiten eingeschränkt haben.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber sagte erst kürzlich wieder: Das für eine Demokratie erträgliche Maß an Überwachung ist bereits überstiegen! Trotzdem soll in Deutschland und der EU die verfassungswidrige Vorratsdatenspeicherung wieder eingeführt werden, die Geheimdienste dürfen nun auch offiziell per Staatstrojaner schnüffeln, die neue EU Anti-Terror-Verordnung soll über Uploadfilter funktionieren und die regelmäßige Evaluierung von Sicherheitsgesetzen, die nach dem 11. September 2001 verabschiedet wurden, wurde gerade vom Bundestag aufgehoben.

Der entsetzliche Terroranschlag in Wien hätte verhindert werden können, wenn Sicherheitsbehörden mit den Informationen von Geheimdiensten, die ihnen vorlagen, gearbeitet hätten und diese ernst genommen hätten. Wie so häufig. Es gab auch hier, keinen Mangel an Befugnissen und Information. Wir sehen immer wieder, dass klassische Polizeiarbeit einer gut organisierten und vor allem personell gut ausgestatteten Truppe die größten Erfolge im Kampf gegen den Terror bringen.

Wir sind also auf einem falschen Weg im Kampf um mehr Sicherheit. Unter deutscher Führung scheint die EU diesen nun fortzusetzen. Sie droht dabei aber nicht nur ihre Grundwerte aufzugeben. Sie fällt auch all jenen Menschen in den Rücken, die sich weltweit für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einsetzen. Die Demonstranten, die in Hongkong oder Belarus gegen autokratische Herrschaft, Überwachung und Unterdrückung kämpfen und ihre Freiheit und ihr Leben aufs Spiel setzen, sind angewiesen auf sichere und integre Kommunikation. Die EU kann sich nicht einerseits mit ihnen solidarisieren und ihnen im gleichen Zug die Grundlage für ihren Einsatz entziehen.

Dieser Text erschien gemeinsam mit Dr. Maximilian Spohr zuerst auf freiheit.org.

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Bewerbung zum Deutschen Bundestag

Liebe Liberale,

Mein Name ist Ann Cathrin Riedel, und ich bewerbe mich heute um Euren Auftrag, unsere gemeinsame liberale Agenda in Friedrichshain-Kreuzberg als Kandidatin der FDP zur Bundestagswahl 2021 zu vertreten. Denn Deutschland braucht eine liberale Modernisierung, und unser Bezirk braucht sie besonders dringend. Dafür will ich mit meiner Person und meinen Themen einstehen.

Ich bin Berlinerin nicht durch Geburt, sondern mit dem Herzen: Weil ich diese Stadt und ihr Potenzial liebe. Geboren wurde ich vor 33 Jahren bei Hamburg. In Tübingen habe ich Islamwissenschaft, Politikwissenschaft studiert und dort bin ich auch zur Politik gekommen: Aus Wut über das Umfallen der SPD bei der Vorratsdatenspeicherung bin ich 2015 bei den Freien Demokraten eingetreten, um mich für Bürgerrechte und Datenschutz, aber eben auch für eine durchgängig liberale Politik einzusetzen: Für Chancen für jeden Menschen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Für faire und echte Aufstiegschancen, für Ideen, Initiative und Innovationen, für Toleranz und Offenheit und Optimismus.

Der Beitritt zur FDP war schon eine gute Idee. Aber noch besser war die Idee, nach meinem Umzug 2015 zunächst nach Berlin-Mitte die Aufnahme im Bezirksverband Friedrichshain-Kreuzberg anzustreben, in der Oppositionszeit und bis heute das viel beachtete „Labor der Bundespartei“. Denn hier ist das liberale Lebensgefühl daheim, dass unser Bezirk, unsere Stadt und Deutschland so dringend brauchen. Und ich konnte im Vorstand gleich mit anpacken, zuletzt als stellvertretende Bezirksvorsitzende: Ich habe unsere digitale Kampagne bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus geleitet und konnte mit der innovativen digitalen Aufbereitung unseres Wahlprogramms über Berlin hinaus Impulse für einen modernen Wahlkampf setzen. Ich habe gelernt, wie man Plakate klebt und wie man auch in einem linken, grünen und oft selbstzufriedenem Bezirk die gute liberale Laune behält und Liebe ausstrahlt.

Ich habe in Berlin auch zu meiner Leidenschaft für die Digital- und Bürgerrechtspolitik gefunden. Vor zwei Jahren habe ich mein Amt als stellvertretende Vorsitzende im Bezirk zurückgegeben, um Bundesvorsitzende von LOAD e.V. zu werden, dem Verein für liberale Netzpolitik. Dieser Verein war das Herzensprojekt von Jimmy Schulz, der bis zu seinem viel zu frühen Tod letzten Herbst ein Pionier der Digitalpolitik war – anerkannt über alle Parteigrenzen hinweg. Als seine Nachfolgerin bleibe ich ihm nicht nur fachlich, sondern auch menschlich verpflichtet. Die Nachfrage nach liberalen Positionen in der Digitalpolitik hat mich die vergangenen zwei Jahre schon quer durch die Republik und die Welt geführt, im Osten über Sibirien bis Hongkong und im Süden bis nach Südafrika. Am vergangenen Wochenende bin ich für weitere zwei Jahre als Vorsitzende von LOAD einstimmig bestätigt worden.

Mein Wissen, meine Erfahrung und Kontakte möchte ich in eine Agenda für den Wahlkampf umsetzen. Denn vom Bezirk bis zum Bund ist Digitalpolitik ein Schlüsselthema. Digitalpolitik ist mehr als Infrastruktur. Digitalpolitik ist Chancenpolitik, Außen- und Sicherheitspolitik und immer auch Bürger- und Menschenrechtspolitik. Dies ist das Spannungsfeld, aus dem ich meine Expertise einbringen möchte. Das will ich für drei Politikfelder verdeutlichen.

Erstens: Bürgerrechte

Von der Vorratsdatenspeicherung über Staatstrojaner bis zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz müssen viel zu häufig  Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden, oder werden sogar von UN-Sonderberichterstattern kritisiert, weil sie die Meinungsfreiheit einschränken. Die Einschränkung von Bürger- und Menschenrechten im digitalen Raum dürfen wir nicht hinnehmen. Stattdessen müssen wir uns für kluge Regulierungsansätze einsetzen, die wirkliche Lösungen für Probleme wie Kriminalität, Terrorismus und Persönlichkeitsrechtsverletzungen bieten und nicht bloß als weiße Salbe dienen.

Nicht nur, weil uns selbst etwas an unseren Bürger- und Menschenrechten liegen sollte, sondern auch, weil wir als Deutsche und Europäer:innen Vorbild für die Welt sind. Wir können nicht nur davon sprechen, mehr Wahlfreiheit und mehr Unabhängigkeit bei der Wahl unserer Technologien erlangen zu wollen. Wir müssen auch zeigen können, dass unsere Werte und Ideen Teil unserer technischen und digitalen Neuerungen sind. Ganz so, wie wir es bereits bei der Datenschutzgrundverordnung geschafft haben.

Zweitens: Bildung

Bildung ist hier ein Grundpfeiler, um Chancen im Leben ergreifen zu können. Es reicht aber bei Weitem nicht, unsere allgemein- und berufsbildenden Schulen mit Hardware auszustatten. Wir müssen die Ausbildung von Lehrkräften modernisieren und Fort- und Weiterbildungen stärker anbieten und fordern, die vermitteln, wie digitale Tools eingesetzt werden können, um den Unterricht zeitgemäß zu gestalten. Im gleichen Zug müssen wir aber auch die Schulträger verpflichten und mit den nötigen Mitteln ausstatten, damit diese den Schulen und Lehrkräften sichere digitale Lernplattformen anbieten können und Ansprechpersonen für die IT-Administration zur Verfügung stellen. Denn Pädagog:innen sollen Pädagog:innen sein, und sich nicht um Datenschutzbestimmungen bei der Auswahl von Cloud-Services kümmern.

Zu Bildung gehört auch, dass wir uns um Menschen jeden Alters kümmern. Das digitale Zeitalter ist so schnelllebig, dass wir alle kontinuierlich lernen werden müssen und dürfen, was neue Technologien für uns bereithalten. Medienkompetenz wird daher ein Teil lebenslangen Lernens. Eine Bundeszentrale für digitale Bildung, ähnlich zur Bundeszentrale für politische Bildung, halte ich dabei für einen notwendigen nächsten Schritt. Sie soll nicht nur dazu dienen Menschen darüber aufzuklären, warum Datenschutz und IT-Sicherheit wichtig sind, sondern auch, was algorithmische Systeme und Künstliche Intelligenz sind. Aufgeklärte Menschen haben nicht nur weniger Angst vor neuen Technologie, sie können auch kritischer mit ihnen umgehen.

Drittens: Unser Bezirk

Chancen soll auch unser Bezirk und die Stadt Berlin ergreifen. Als Smart City wird Berlin zu einer Stadt, die ihre Ressourcen nachhaltig nutzt und sie lebenswert für die unterschiedlichsten Lebensmodelle macht. Berlin ist ein Magnet und Sehnsuchtsort für Menschen aus aller Welt – und das soll auch so bleiben. Dafür braucht es genügend und bezahlbaren Wohnraum, sichere Verkehrswege für jedes Fortbewegungsmittel und genügend Grün- und Erholungsflächen. Wie wir diese Stadt und unseren Bezirk gestalten, das sollten wir alle mitbestimmen. Mit verbindlicher Partizipation durch die Berliner:innen durch digitale und analoge Plattformen und durch Daten, durch die wir unsere Stadt besser verstehen und evidenzbasierte Entscheidungen treffen können. Dabei muss gewährleistet werden, dass die Souveränität über die generierten Daten unserer Smart City Berlin auch immer hier in dieser Stadt liegt.

Ich bin Optimistin. Ich glaube, dass das Beste noch vor uns liegt. Dafür möchte ich heute mehr Verantwortung übernehmen. Nicht nur als Themenmanagerin “Digitalisierung und Innovation” auf globaler Ebene bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, nicht nur in diversen Kommissionen der FDP, nicht nur als LOAD-Vorsitzende. Sondern als Wahlkreiskandidatin für Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg Ost. Hier können wir Digitalpolitik konkret machen. Hier möchte ich zeigen, was ein liberales Modernisierungsprogramm ist. Das ist Pionierarbeit, die ich mit Euch leisten will.

Freiheit ist Verheißung und Auftrag zugleich. Ich meine „freedom you can use“, wie Helen Zille gerne sagt, die große südafrikanische Liberale mit Berliner Wurzeln. Freiheit soll weltliche Wirklichkeit werden, um mit Hannah Arendt zu sprechen. Mich inspirieren diese großen liberalen Frauen. Ich will mit dieser Inspiration und mit Euch zusammen die FDP zur Bundestagswahl vertreten. Dafür bitte ich Euch um Euren Auftrag!

Eure Ann Cathrin Riedel


Foto: Paul Alexander Probst

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Publikation: Behind Closed Curtains

Bei der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit ist meine Studie „Behind Closed Curtains – Desinformation auf Messengerdiensten“ auf Deutsch und Englisch erschienen. Die Süddeutsche Zeitung begleitete die Veröffentlichung mit einem Interview mit mir.

Desinformation ist kein neues Phänomen, das erst mit der Digitalisierung aufkam. Vielmehr wurden Desinformationen wohl schon immer eingesetzt, um politischen Gegnern zu schaden, Gesellschaften zu destabilisieren und Regime zu legitimieren. Neu ist, dass sich Desinformationen dank der Digitalisierung mit rasanter Geschwindigkeit verbreiten. Alle können potenzielle Absender – vor allem auch ungewollt – von Desinformationen sein können. Sinkendes Vertrauen in staatliche Akteure und Medien, sowie eine Disruption der gesamten Medienlandschaft und schnellere, einfachere und günstigere Zugänge zu Smartphones und zum Internet unterstützen die Entwicklungen weltweit. Desinformation und die Bedrohung, die durch sie ausgeht, haben es mittlerweile auf die politische Tagesordnung geschafft: Es wird heftig diskutiert,was Desinformation innerhalb von Gesellschaften anrichtet, aber auch welche Gefahr von außerhalb durch einen sogenannten Information Warfare droht. Dass Messenger zur Verbreitung von Desinformation und Verschwörungserzählungen genutzt werden, ist in Deutschland noch recht unbekannt. Erst durch das Bekanntwerden von Netzwerken Rechtsextremer auf diesen Plattformen und zusätzlich durch das Coronavirus kommt das Thema Desinformation auf Messengern langsam in der deutschen Öffentlichkeit an.

Desinformation muss in seiner Vielfältigkeit näher betrachtet werden. Denn das Thema ist für die innere Sicherheit, aber auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden von enormer Bedeutung. Viel zu oft wird vergessen, dass gerade im nicht-politischen Bereich verbreitete Desinformation ein hohes Risiko birgt: Rund um das Coronavirus ist Anfang 2020 weltweit eine große Menge an Desinformation im Umlauf. Von falschen Studien, angeblichen Selbsttests und wirkungslosen Präventionsmaßnahmen ist alles dabei. Die Weltgesundheitsorganisation spricht daher von einer Infodemie. Diese Infodemie birgt ein erhebliches Gesundheitsrisiko für alle Menschen.

2022 werden drei Milliarden Menschen Messengerdienste weltweit nutzen. Viele davon werden keine dem digitalen Zeitalter angemessene Medienkompetenz besitzen oder gar Analphabeten sein. Das gilt für Nutzerinnen und Nutzer weltweit. Nicht nur die Art, wie wir kommunizieren, ändert sich rasant, sondern auch, wie wir Medien und Nachrichten konsumieren. Die Zeitung vom Küchentisch, das gemeinsame Nachrichten schauen am Abend, das Telefongespräch – all das verlagert sich in nicht mehr von außen wahrnehmbares Kommunizieren und Konsumieren. Damit müssen wir als Gesellschaft(en) lernen umzugehen. Welche Erfahrungen und Erkenntnisse haben wir weltweit mit Desinformation via Messenger? Wie komplex ist dieses Phänomen und wird der Komplexität bisher in der öffentlichen Diskussion ausreichend Rechnung getragen? Welche Ansätze können zu einer aufgeklärteren, resilienteren Gesellschaft beitragen?

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